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Schutz vor FGM/C
Eine virtuelle Reise durch
Sierra Leone und Deutschland

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FGM/C weltweit

Weibliche Genitalverstümmelung (engl. Female Genital Mutilation/Cutting oder kurz FGM/C) bezeichnet die teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren weiblichen Genitalien oder andere Verletzungen der weiblichen Genitalorgane ohne medizinische Gründe.
Meist wird der Eingriff an Mädchen zwischen dem Säuglingsalter und 15 Jahren vorgenommen, aber auch an erwachsenen Frauen.

FGM/C weltweit

Allein die Körperverletzung durch den Eingriff zu problematisieren, greift zu kurz: weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und eine Form der geschlechtsspezifischen Gewalt*.

 

* Weibliche Genitalverstümmelung diskriminiert, gefährdet und schädigt Mädchen und Frauen auf vielfältige Weise. Sie bezweckt i.d.R. die Kontrolle über den weiblichen Körper und die Sexualität der Frau. Sie soll der Frau die Lust und die Freude am Sex nehmen und so gewährleisten, dass die Frau jungfräulich in die Ehe geht und in dieser treu bleibt. Dem zugrunde liegen eine Reihe sexistischer Annahme, z.B. jene, dass die weibliche Sexualität mächtiger sei als der Wille der Frau, anders als offenbar im Fall des Mannes, dass sich eine unversehrte Frau jedem Mann anböte und dass der Wunsch nach erfüllender Sexualität Frauen nicht zustehe.

 

 

Sprachgebrauch

Weibliche Genitalverstümmelung

Der Begriff „Weibliche Genitalverstümmelung“ (engl. Female Genital Mutilation bzw. FGM) geht auf eine Kampagne aus Afrika von 1974 zurück, deren Ziel die Anerkennung der Tatsache war, dass die „Beschneidung“ der weiblichen Genitalorgane ungleich schwerwiegender ist als die (Vorhaut-)Beschneidung bei Jungen und Männern, und somit nicht mit letzterer vergleichbar**. 1990 wurde der Begriff vom Inter-Afrikanischen Komitee für Traditionelle Praktiken mit Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen und Kindern übernommen. 1991 empfahl die Weltgesundheitsorganisation den Vereinten Nationen die Nutzung des Begriffs.

**Sowohl mit Blick auf die Anatomie der betroffenen Genitalien als auch in ihrer Begründung und ihren Auswirkungen sind die beiden Praktiken unterschiedlich. Trotzdem kann ein (qualitativer) Vergleich helfen, die Schwere und das Ausmaß der weiblichen Genitalverstümmelung zu veranschaulichen, was wiederum die „männliche Beschneidung“ keinesfalls relativieren soll. FGM/C Typ I würde beim männlichen Genital in etwa der teilweisen oder vollständigen Entfernung des Penis bzw. der Peniseichel entsprechen. FGM/C Typ II würde zusätzlich zur teilweisen oder vollständigen Entfernung des Penis bzw. der Peniseichel die Entfernung des Hodensacks bedeuten. FGM/C Typ III ist qualitativ nicht vergleichbar, da der männliche Körper kein der Vagina vergleichbares Organ aufweist.

Beschneidung

Im Umgang mit Überlebenden gilt jedoch der Begriff „Beschneidung“ (engl. Cutting bzw. C) als angemessen, da dieser nicht zusätzlich stigmatisiert. Narrative, die die weibliche Genitalverstümmelung mit Attributen wie „barbarisch“, „rückständig“ oder „herzlos“ verbinden, tragen dazu bei, dass betroffene Gemeinschaften abgewertet werden und die Menschlichkeit ihrer Mitglieder in Frage gestellt wird. Gleichzeitig lassen sie vermuten, dass Außenstehende nicht nur über die Handlung, sondern auch über die Motivation hinter der Handlung urteilen könnten. Diese Sichtweise produziert rassistische Stereotype. Grundlegend wird empfohlen, im Gespräch mit Gefährdeten und Betroffenen die Wortwahl des Gegenübers anzunehmen.

Begriffswahl für die Ausstellung

In dieser Digitalausstellung verwenden wir den Misch-Begriff FGM/C (Female Genital Mutilation/Cutting), da Besucherinnen auch Gefährdete und Betroffene sein können und wir eine zusätzliche Stigmatisierung verhindern möchten. Gleichzeitig gilt es, die Praktik als das zu benennen, was sie ist: eine Menschenrechtsverletzung und geschlechtsspezifische Gewalt, und so der Irreversibilität und Schwere des Eingriffs Rechnung zu tragen.
Ausnahmen: bei der Untertitelung der Videos sind wir der Begriffswahl der InterviewpartnerInnen gefolgt.

Sensible Ausstellungsinhalte

Hinweis zu Triggerwarnungen

Bei der Entwicklung dieser Ausstellung hat TDF auf gewaltfreie und nicht (re-)traumatisierende Wort- und Bildsprache geachtet. Auch liegt der Fokus der Ausstellung auf Schutzkonzepten gegen FGM/C. Trotzdem enthalten manche der hier gezeigten Videointerviews Schilderungen persönlicher Betroffenheit und damit von geschlechtsspezifischer Gewalt. Einige BesucherInnen könnten das beunruhigend oder belastend finden. Deshalb sind die entsprechenden Videos in allen Fällen mit dem Zusatz „TW“ für „Triggerwarnung“ und einer Benennung des möglichen Trigger-Contents gekennzeichnet. Bitte entscheidet vorab selbst, ob ihr euch diese Videos anschauen möchtet, oder sie lieber auslasst. Die Inhalte und Botschaften der Ausstellung sind auch ohne die gekennzeichneten Videos verständlich.
Wer selbst von FGM/C bedroht oder betroffen ist, findet hier eine Karte und Kontakte für Hilfsangebote in ganz Deutschland.

Zwei Fragen an euch:

1. In acht Ländern sind mehr als 80 Prozent der Frauen und Mädchen im Alter von 15-49 Jahren von FGM/C betroffen. Was glaubt ihr, um welche Länder es sich handelt?

oder
AF DZ AO AR AU BY BO BW BR CA CF TD CN CO CD EG ET FI FR DE GL IS IN ID IR IQ IT CI JP KZ KN LY MG MY ML MR MX MN MA MZ MM NA NZ NE NG NO PK PE PH PL RO RU SA SO ZA SS ES SD SE TZ TH TR TM UA GB US UZ VE YE ZM ZW AL AM AT AZ BS BH BD BE BZ BJ BT BA BG BF BI KH CM CL CG CR HR CU CY CZ DK DJ DO EC SV GQ ER EE SZ GF GA GE GH GR GT GN GW GY HT HN HU IE IL JM JO KW KG LA LV LB LS LR LT LU MW MD ME NP NL NI KN MK OM PA PG PY PT QA RW SN RS SL SG SK SI KR LK SR CH SY TW TJ GM TL TG TN UG AE UY VN

Datenquellen: UNICEF, GAMS Belgique

80-100%

  • Dschibuti (90%)
  • Ägypten (87,2%)
  • Eritrea (83%)
  • Guinea (94,5%)
  • Mali (88,6%)
  • Sierra Leone (83%)
  • Somalia (99,2%)
  • Sudan (86,6%)

60-80%

  • Äthiopien (65,2%)
  • Gambia (72,6%)
  • Mauretanien (63,9%)

40-60%

  • Burkina Faso (56%)
  • Guinea-Bissau (52,1%)
  • Indonesien (51,2%)

20-40%

  • Zentralafrika-
    nische Republik (21,6%)
  • Côte d’Ivoire (36,7%)
  • Kenia (15%)
  • Liberia (31,8%)
  • Senegal (25,2%)
  • Tschad (34,1%)

5-20%

  • Irak (7,4%)
  • Malediven (12,9%)
  • Benin (9,2%)
  • Nigeria (15%)
  • Jemen (18,5%)
  • Tansania (8%)

>5%

  • Kamerun (1,4%)
  • Ghana (2,4%)
  • Niger (2%)
  • Uganda (0,3%)
  • Togo (3,1%)

Auf bestimmte Communities beschränkt:

  • Kolumbien
  • Peru
  • Namibia
  • Simbabwe
  • Demokratische Republik Kongo
  • Israel
  • Jordanien
  • Saudi-Arabien
  • Oman
  • Iran
  • Pakistan
  • Indien
  • Sri Lanka
  • Bangladesch
  • Thailand
  • Malaysia
  • Philippinen

Berichtete Fälle in Diaspora-Communities:

  • USA
  • Kanada
  • Europa
  • Türkei
  • Syrien
  • Libyen
  • Südafrika
  • Vereinigte Arabische Emirate
  • Australien
Wie verhält sich die Weltgemeinschaft zu FGM/C und was wurde rechtlich vereinbart?

Handgezeichnete SDG-Infografik von Freepik

Die Beendigung von FGM/C ist Ziel der Agenda 2030 der Vereinten Nationen im Rahmen des Nachhaltigen Entwicklungsziels 5.3: „Beseitigung aller schädlichen Praktiken wie Kinder-, Früh- und Zwangsverheiratung und weiblicher Genitalverstümmelung“, sowie der Agenda 2063 der Afrikanischen Union, die bis 2025 u.a. alle schädlichen sozialen Normen und gewohnheitsmäßigen Praktiken gegen Frauen und Mädchen beenden will.

Zahlreiche regionale und internationale Resolutionen und Abkommen verurteilen FGM/C und fordern dessen Beendigung – u.a. die vier wegweisenden frauenrechtlichen Abkommen für den internationalen, afrikanischen, lateinamerikanischen und europäischen Raum, hier durch Umrandung hervorgehoben:

  • 1948, Vereinte Nationen: Universal Declaration of Human Rights / Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 2, 3, 5, 12 und 25
  • 1951, Vereinte Nationen: Convention relating to the Status of Refugees / Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Genfer Flüchtlingskonvention“); Personen, die vor drohender FGM/C fliehen, haben Anspruch auf den Flüchtlingsstatus
  • 1966, Vereinte Nationen: International Covenants on Civil and Political Rights and on Economic, Social and Cultural Rights / Internationale Pakte über bürgerliche und politische Rechte und über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Artikel 12
  • 1979, Vereinte Nationen: Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women / Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau („CEDAW“), Artikel 2f und 5a, sowie General recommendation 14 / Allgemeine Empfehlung N° 14 (1990) und General recommendation 24 / Allgemeine Empfehlung N° 24 (1999)
  • 1984, Vereinte Nationen: Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment / Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe; Anerkennung, dass FGM/C Folter gleichkommen kann
  • 1989, Vereinte Nationen: Convention on the Rights of the Child / Übereinkommen über die Rechte des Kindes („Kinderrechtskonvention“), Artikel 19.1, 24.3 und 37a
  • 1994, Organisation Amerikanischer Staaten: Inter-American Convention on the Prevention, Punishment, and Eradication of Violence against Women / Inter-Amerikanische Konvention zur Verhinderung, Bestrafung und Eliminierung von Gewalt gegen Frauen (“Belém do Pará-Konvention“)
  • 1996, Vereinte Nationen: The Girl Child Resolution / Die Resolution über Mädchen (A/RES/51/76)
  • 1997, Organisation für Afrikanische Einheit (heute: Afrikanische Union): African Charter on Human and Peoples’ Rights / Afrikanische Charta der Rechte der Menschen und Völker („Banjul-Charta“), Artikel 4, 5, 16, 18 (3)
  • 2003, Afrikanische Union: Protocol to the African Charter on Human and Peoples’ rights, on the rights of women in Africa / Protokoll zur Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker, über die Rechte der Frauen in Afrika („Maputo-Protokoll“)
  • 2007, Vereinte Nationen: The Girl Child Resolution / Die Resolution über Mädchen (A/RES/62/140)
  • 2010, Vereinte Nationen: Resolution 54/7 Ending female genital mutilation / Beendigung der weiblichen Genitalverstümmelung
  • 2011, Council of Europe Convention on preventing and combating violence against women and domestic violence / Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Istanbul-Konvention“), Artikel 11, 15, 22, 24, 27, 28, 38a, 42, 44, 45, 46, 53, 61 und 62
  • 2011, Weltgesundheitsversammlung: Resolution WHA61.16
  • 2012, Europäisches Parlament: European Parliament resolution of 14 June 2012 on ending female genital mutilation / Resolution des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2012 zur Beendigung der weiblichen Genitalverstümmelung (2012/2684 (RSP))
  • 2012, Vereinte Nationen: Resolution 67/146 Intensifying global efforts for the elimination of female genital mutilations / Intensivierung der weltweiten Bemühungen um die Beseitigung von weiblichen Genitalverstümmelungen, erneut bekräftigt in den Resolutionen 69/150 (2014) und 71/168 (2016)
  • 2014, Vereinte Nationen: Resolution A/HRC/RES/27/22 Intensifying global efforts and sharing good practices to effectively eliminate female genital mutilation / Intensivierung der weltweiten Bemühungen und Austausch über bewährte Verfahren zur wirksamen Beseitigung der weiblichen Genitalverstümmelung
  • 2014, Europäisches Parlament: European Parliament resolution of 6 February 2014 on the Commission communication entitled “Towards the elimination of female genital mutilation” / Resolution des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zur Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Auf dem Weg zur Beseitigung der weiblichen Genitalverstümmelung“ (2014/2511 (RSP))
  • 2018, Europäisches Parlament: European Parliament resolution of 7 February 2018 on zero tolerance for Female Genital Mutilation (FGM) / Resolution des Europäischen Parlaments vom 7. Februar 2018 zu Nulltoleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) (2017/2936 (RSP))
  • 2020, Vereinte Nationen: Resolution 44/16 Elimination of female genital mutilation / Resolution 44/16 Beseitigung der weiblichen Genitalverstümmelung
  • 2020, Europäisches Parlament: European Parliament resolution of 12 February 2020 on an EU strategy to put an end to female genital mutilation around the world / Resolution des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2020 für eine EU-Strategie zur weltweiten Beendigung der weiblichen Genitalverstümmelung (2019/2988 (RSP))
  • 2024, Europäisches Parlament: Directive (EU) 2024/1385 of the European Parliament and of the Council of 14 May 2024 on combating violence against women and domestic violence / Richtlinie (EU) 2024/1385 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Artikel 3, 27, 34 (7)

Zur Einordnung:

Konventionen der Vereinten Nationen sind völkerrechtlich bindende Verträge zwischen den Mitgliedsstaaten. Nach der Unterzeichnung durch die LandesrepräsentantInnen (in Deutschland die Bundespräsidentin oder den Bundespräsidenten) und der Ratifizierung durch die verantwortlichen nationalen Gremien (in Deutschland den Bundestag) werden diese Konventionen für die Vertragsstaaten völkerrechtlich bindend.

Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sind völkerrechtlich bindend, Resolutionen der Generalversammlung, des Wirtschafts- und Sozialrates und seiner diversen Kommissionen sowie weiterer Organe der Vereinten Nationen, wie des Menschenrechtsrates, sind völkerrechtlich nicht bindend.

EU-Resolutionen sind rechtlich nicht bindend, haben aber Orientierungsfunktion. Mit Resolutionen macht z.B. das Europäische Parlament auf Problemlagen aufmerksam, erklärt seine Position öffentlich und fordert die Kommission und Mitgliedsstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen.

EU-Richtlinien sind hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Die Länder entscheiden jedoch selbst, welche Rechtsvorschriften sie zur Erreichung des Ziels erlassen.

Sowohl die Banjul-Charta als auch das Maputo-Protokoll sind rechtlich bindende Verträge.

 

Achtung: Die Unterzeichnung und Ratifizierung regionaler oder internationaler Verträge bedeutet nicht immer, dass der Vertragsinhalt tatsächlich auch in Gesetze auf Ebene des Vertragsstaates übertragen wird oder dass diese Gesetze, selbst wenn vorhanden, konsequent angewendet werden. Trotzdem sind regionale und internationale Resolutionen und Abkommen unverzichtbar, da sie grenzüberschreitend den Orientierungs- und Rechtsrahmen z.B. für die Beendigung von FGM/C schaffen.

Typ I – Klitoridektomie: teilweise oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut.

Typ II – Exzision: der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris und die inneren Vulvalippen werden teilweise oder vollständig entfernt. Mitunter werden auch die äußeren Vulvalippen verstümmelt.

Typ III – Infibulation: schwerste Form von FGM/C. Die Klitoris(vorhaut) und Vulvalippen werden entfernt und die Wunde bis auf ein kleines Loch zugenäht. Durch dieses sollen Urin und Menstruationsblut abfließen, aber keine Penetration möglich sein.

Typ IV – weitere Praktiken, die Schäden hinterlassen: alle weiteren, medizinisch nicht begründeten Eingriffe, welche die Vulva und Klitoris der Frau nachhaltig schädigen. Darunter fallen z.B. Ätzen, Brennen, Scheuern, Dehnen, Einritzen, Durchbohren, Einschneiden und das Auftragen von nervenschädigenden oder betäubenden Substanzen.

Praktiken wie Räuchern, Tupfen oder das Auflegen von magischen Gegenständen hinterlassen keine physischen Schäden, werden aber dennoch zur Kontrolle der weiblichen Sexualität ausgeübt.

Zehn Fakten

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1 FGM/C wird in mindestens 92 Ländern – fast der Hälfte aller Länder weltweit – praktiziert. Es kommt auf allen Kontinenten außer in der Antarktis vor.

Warum wird FGM praktiziert?

Die meisten Begründungen fallen in einen der drei Bereiche:

1. Tradition / soziale Norm

FGM/C gilt häufig als kulturell bedingte Tradition und soziale Norm. Mancherorts ist FGM/C fester Bestandteil eines Übergangsrituals vom Mädchen- zum Frausein und wird als Vorbereitung von Mädchen auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter angesehen. Der Tradition zu folgen, ist Ausdruck des Respekts gegenüber früheren Generationen und ein Zeichen der Dankbarkeit für die eigene Herkunft. Mit einem alten Brauch zu brechen, kann als Affront gegenüber der Familie und den Vorfahren verstanden werden. Die Reaktionen darauf können sehr emotional bis hin zu lebensbedrohlich ausfallen.

2. Religion / spirituelle und sexuelle „Reinheit“

Oft werden religiöse Gebote und Ideale der spirituellen und sexuellen „Reinheit“ als Motivation für FGM/C angeführt. Dabei schreibt keine religiöse Schrift FGM/C vor. Trotzdem sind VertreterInnen verschiedener Religionen überzeugt, dass FGM/C Einklang zwischen dem Willen eines spirituellen Wesens und dem Menschen schaffen kann. Wirkungsmächtig in diesem Kontext können auch „medizinische Mythen“ sein, d.h. Moral- oder Hygiene-Vorstellungen von weiblicher Sexualität und dem weiblichen Genital. So wird etwa angenommen, erstere sei ohne FGM/C zügellos oder zweiteres ohne FGM/C schmutzig.

3. Ökonomische Gründe

FGM/C gilt meist als Voraussetzung für die Heirat und Familiengründung einer Frau. Ohne FGM/C haben Frauen schlechtere Heiratschancen und der Brautpreis fällt niedriger aus. In vielen Kontexten, in denen FGM/C vorkommt, sind die Strukturen so, dass alleinlebende und ggf. alleinerziehende Frauen ihre Existenz und die ihrer Kinder nicht unabhängig sichern können. Auch wird der gesellschaftliche Status einer Frau oft an ihrer Heirats- und Gebärfähigkeit festgemacht. Ohne FGM/C erfahren Frauen oft soziale Ausgrenzung und Diskriminierung.

Aus Sicht von MenschenrechtsverteidigerInnen wird FGM/C durchgeführt, um weibliche Sexualität und den weiblichen Körper zu kontrollieren und die sexuelle Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen zu unterdrücken. Ziel ist die Durchsetzung patriarchal motivierter Normen wie Jungfräulichkeit vor der Ehe, Monogamie bzw. Treue während der Ehe und eine Reduzierung der sexuellen Lust und des sexuellen Vergnügens der Frau.

FGM/C hat keine gesundheitlichen Vorteile für Mädchen und Frauen und kann nicht rückgängig gemacht werden. Alle Formen dieser Praktik können schwere physische, psychische und soziale Auswirkungen haben. FGM/C zählt zu den häufigsten Todesursachen in Ländern, in denen es praktiziert wird. Laut einer Studie der Universitäten Birmingham und Exeter in 15 afrikanischen Ländern aus dem Jahr 2023 sterben dort jährlich über 44.000 Frauen und Mädchen an FGM/C.

Die akuten und chronischen Folgen von FGM/C lassen sich in drei Bereiche einteilen. Das Ausmaß der Folgen hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a. von der Art der Verstümmelung (Typ I-IV), den verwendeten Instrumenten, der Umgebung, in der der Eingriff stattfindet, der Vorerfahrung der BeschneiderInnen und dem Gesundheitszustand der Betroffenen. Zu den häufigsten Folgen zählen:

Klicke auf die roten Markierungen oder auf die folgenden Überschriften

Folgen für die Psyche

  • Todesangst während des Eingriffs
  • Diverse Traumata, die v.a. mit Gefühlen von Verrat, Ohnmacht und Erniedrigung einhergehen, da die engsten Bezugspersonen der Betroffenen, meist die Eltern, FGM/C organisiert oder zugelassen haben, Dissoziation, posttraumatische Belastungsstörung etc.
  • Gefühle von Unvollständigkeit und Minderwertigkeit 
  • Schlaf- und Angststörungen 
  • Nachlassende Konzentrationsfähigkeit, bei Jugendlichen oft mit einem Abfall schulischer Leistungen und dem Ende der Schullaufbahn verbunden 
  • Depressionen bis hin zu schlimmstenfalls Suizidalität 
  • Partnerschaftskonflikte

Folgen für den Körper

  • Starke Schmerzen wegen der Durchtrennung des empfindlichen Genitalgewebes, in der Regel ohne Betäubung 
  • Unkontrollierbare Blutungen, v.a. wenn die Klitorisarterie oder ein anderes Blutgefäß durchtrennt wird
  • Frakturen an Schlüsselbein, Oberarm- und Oberschenkelknochen durch das gewaltsame Festhalten der Betroffenen bei dem Eingriff
  • Infektionen durch unsterile Bedingungen und Instrumente, u.a. Blutvergiftung, die zu einem septischen Schock und schließlich zum Tod führen kann
  • Verletzungen benachbarter Gewebe, wie z.B. Vagina, Harnröhre und Damm 
  • Beeinträchtigte Wundheilung, gefährliche Gewebeschwellung und übermäßige Narbenbildung
  • Beschwerden beim Urinieren, wie Schmerzen, Harnverhalt und Inkontinenz
  • Menstruationsbeschwerden, z.B. schmerzhafte oder unregelmäßige Menstruation, sowie Störung des Abflusses von Menstruationsblut
  • Geruchsentwicklung im Genitalbereich, u.a. bei Harn- und Stuhlinkontinenz
  • Chronische Genitalinfektionen, in deren Folge Zysten, Abszesse und Genitalgeschwüre auftreten können
  • Harnwegsinfektionen, die zu Nierenversagen führen können
  • Erhöhtes Risiko einer HIV-Infektion durch die Verwendung der gleichen Instrumente bei mehreren Betroffenen von FGM/C ohne zwischenzeitliche Reinigung oder das erhöhte Risiko von Blutungen beim Geschlechtsverkehr

Folgen für die Sexualität/Fortpflanzung

  • Beeinträchtigung der sexuellen Gesundheit und Empfindsamkeit, v.a. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, vermindertes sexuelles Verlangen und Lustempfinden, verminderte Häufigkeit oder Ausbleiben des Orgasmus 
  • Chronische Entzündungen an Becken, Nieren und Eierstöcken, die zu Eileiterschwangerschaften und Unfruchtbarkeit führen können
  • Geburtskomplikationen durch eine verengte und vernarbte Vaginalöffnung, u.a. erhöhtes Risiko für verlängerte Wehen, Kaiserschnitt, postpartale Blutungen und Geburtsverletzungen, sowie Sauerstoffmangel und in der Folge Hirnschädigungen bei Neugeborenen
  • Für Betroffene von FGM/C ist das Risiko von Fistelbildungen bei der Kindsgeburt erhöht. Fisteln verbinden zwei Körperteile, die normalerweise nicht miteinander verbunden sind, z.B. Vagina und Blase. Die Folge davon ist Inkontinenz, eine enorme soziale Belastung, die – genau wie Unfruchtbarkeit und Totgeburten – häufig zur Trennung vom Beziehungspartner und dem Ausschluss aus der Gesellschaft führt.

Illustration: Cora Hein

FGM/C wird häufig mit Mythen verbunden, die medizinisch oder menschenrechtlich widerlegbar sind, bei gesellschaftlicher Akzeptanz von FGM/C, Bildungsmangel und Armut aber trotzdem wirkungsmächtig sein können. Da FGM/C ein Tabu-Thema ist, erfahren Mädchen vorab nur selten, was bei dem Eingriff passiert und welche Folgen er haben kann. Die Mythen über FGM/C legen nahe, dass der Eingriff unverzichtbar und erstrebenswert sei. Im Kampf gegen FGM/C gilt es deshalb, gängigen Mythen Fakten entgegenzusetzen und sie so zu entkräften.

Mythos

Fakt

Klicke auf die Sprechblasen

Kontakt mit der (unbeschnittenen) Klitoris führt zu Impotenz beim Mann oder den männlichen Nachkommen der Frau.

Illustration: Cora Hein

Medikalisierung von FGM/C bedeutet, dass die Praktik von GesundheitsdienstleisterInnen wie ÄrztInnen, Hebammen oder PflegerInnen, oft in Kliniken, zu Hause oder andernorts, unter Einsatz von chirurgischen Instrumenten, Anästhetika (Narkosemitteln) und Antiseptika (Desinfektionsmitteln) durchgeführt wird. Dazu zählt auch die Re-Infibulation, also das Wiederverschließen der äußeren Genitalien der Frau, z.B. nach der Entbindung eines Kindes und/oder nach einem gynäkologischen Eingriff.

Bereits im Jahr 1979 verurteilte die WHO öffentlich in der ersten Internationalen Konferenz zu FGM/C die Medikalisierung von FGM/C.

Verbreitung von medikalisierter FGM/C

Laut UNICEF wurde bei etwa jeder vierten FGM/C-Betroffenen der Eingriff durch GesundheitsdienstleiterInnen durchgeführt, weltweit bei etwa 52 Millionen Mädchen und Frauen. Mit steigender Tendenz: Waren ältere Frauen zwischen 45 und 49 Jahren zu 16 Prozent von medikalisierter FGM/C betroffen, galt dies unter Mädchen und jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren bereits für 34 Prozent, was auf eine Zunahme medikalisierter FGM/C hindeutet.

Statistiken zufolge ist medikalisierte FGM/C besonders in 11 Ländern verbreitet: Sudan, Ägypten, Indonesien, Guinea, Nigeria, Kenia, Dschibuti, Ghana, Tschad, Irak und Jemen. Am höchsten ist die Prävalenz derzeit in Ägypten und Sudan: dort wird FGM/C häufiger von GesundheitsdienstleisterInnen als von „traditionellen“ BeschneiderInnen durchgeführt.

Datenquelle: UNICEF 2020

Hintergründe und Bewertung

  Woher kommt der Trend der Medikalisierung? Warum ist das problematisch? Wie ist das medizinethisch/ rechtlich zu bewerten?
Eigene Befürwortung von FGM/C Einige medizinische Fachkräfte aus Gemeinschaften, die FGM/C praktizieren, befürworten trotz Kenntnis der Risiken dessen Durchführung. Medizinisches Fachpersonal genießt häufig großes Vertrauen und einen hohen sozialen Status. Wenn GesundheitsdienstleisterInnen FGM/C durchführen, kann dies den Anschein erwecken, FGM/C sei medizinisch unbedenklich oder legitim. Medikalisierte FGM/C verletzt medizinethische Prinzipien und den international anerkannten „Do-No-Harm“-Grundsatz.
Wirtschaftlicher Anreiz Für medizinisches Fachpersonal kann FGM/C wirtschaftliche Anreize haben. In Ländern mit einem FGM/C-Verbot verlangen Fachkräfte oft viel Geld für dessen illegale Durchführung. Wirtschaftliche Anreize können dafür sorgen, dass FGM/C aufrechterhalten und sogar gefördert wird. Ziel sollte dagegen sein, FGM/C abzuschaffen. Wird FGM/C in Ländern mit einem Verbot trotzdem durchgeführt, ist dies eine Straftat. Auch medizinische Fachkräfte müssen sich an geltende Gesetze halten!
Hoffnung auf vermeintlich geringe Schäden Viele Familien erhoffen sich von medikalisierter FGM/C weniger Schmerzen und Folgeschäden für die betroffenen Frauen und Mädchen. Infektionsrisiken und Schmerzen während des Eingriffs können durch medikalisierte FGM/C zwar minimal reduziert werden, das Risiko für kurz-, mittel- und langfristige Schäden bleibt aber gleich hoch. FGM/C ist immer ein Eingriff ohne medizinische Rechtfertigung und eine schwere Menschenrechts-verletzung!

FGM/C verletzt u.a. die Rechte auf Gleichheit und Schutz vor grausamer und unmenschlicher Behandlung (Art. 2 und 5, Allg. Erklärung der Menschenrechte).
Fazit
  • Die Durchführung von FGM/C kann niemals „sicher“ sein. Auch medikalisierte FGM/C birgt für Betroffene immer schwerwiegende Gesundheitsrisiken.
  • Unabhängig von der Art der Durchführung, bleibt FGM/C ein nicht notwendiger medizinischer Eingriff und eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt.
  • Der Trend zur Medikalisierung trägt zur Verharmlosung und vermeintlichen Legitimierung von FGM/C bei. Gleichzeitig wird die vollständige Abschaffung von FGM/C so verlangsamt oder gar verhindert.

Weltweit setzen sich Einrichtungen wie das europäische Netzwerk End FGM, die WHO und weitere Organe der Vereinten Nationen daher für eine „Null-Toleranz“ gegenüber FGM/C ein. Die Null-Toleranz-Politik verurteilt die Medikalisierung von FGM/C und lehnt sie ab.

Formen

Typ I – Klitoridektomie: teilweise oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut.

Typ II – Exzision: der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris und die inneren Vulvalippen werden teilweise oder vollständig entfernt. Mitunter werden auch die äußeren Vulvalippen verstümmelt.

Typ III – Infibulation: schwerste Form von FGM/C. Die Klitoris(vorhaut) und Vulvalippen werden entfernt und die Wunde bis auf ein kleines Loch zugenäht. Durch dieses sollen Urin und Menstruationsblut abfließen, aber keine Penetration möglich sein.

Typ IV – weitere Praktiken, die Schäden hinterlassen: alle weiteren, medizinisch nicht begründeten Eingriffe, welche die Vulva und Klitoris der Frau nachhaltig schädigen. Darunter fallen z.B. Ätzen, Brennen, Scheuern, Dehnen, Einritzen, Durchbohren, Einschneiden und das Auftragen von nervenschädigenden oder betäubenden Substanzen.

Praktiken wie Räuchern, Tupfen oder das Auflegen von magischen Gegenständen hinterlassen keine physischen Schäden, werden aber dennoch zur Kontrolle der weiblichen Sexualität ausgeübt.

Fakten

Zehn Fakten

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1 FGM/C wird in mindestens 92 Ländern – fast der Hälfte aller Länder weltweit – praktiziert. Es kommt auf allen Kontinenten außer in der Antarktis vor.

Hintergründe

Warum wird FGM praktiziert?

Die meisten Begründungen fallen in einen der drei Bereiche:

1. Tradition / soziale Norm

FGM/C gilt häufig als kulturell bedingte Tradition und soziale Norm. Mancherorts ist FGM/C fester Bestandteil eines Übergangsrituals vom Mädchen- zum Frausein und wird als Vorbereitung von Mädchen auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter angesehen. Der Tradition zu folgen, ist Ausdruck des Respekts gegenüber früheren Generationen und ein Zeichen der Dankbarkeit für die eigene Herkunft. Mit einem alten Brauch zu brechen, kann als Affront gegenüber der Familie und den Vorfahren verstanden werden. Die Reaktionen darauf können sehr emotional bis hin zu lebensbedrohlich ausfallen.

2. Religion / spirituelle und sexuelle „Reinheit“

Oft werden religiöse Gebote und Ideale der spirituellen und sexuellen „Reinheit“ als Motivation für FGM/C angeführt. Dabei schreibt keine religiöse Schrift FGM/C vor. Trotzdem sind VertreterInnen verschiedener Religionen überzeugt, dass FGM/C Einklang zwischen dem Willen eines spirituellen Wesens und dem Menschen schaffen kann. Wirkungsmächtig in diesem Kontext können auch „medizinische Mythen“ sein, d.h. Moral- oder Hygiene-Vorstellungen von weiblicher Sexualität und dem weiblichen Genital. So wird etwa angenommen, erstere sei ohne FGM/C zügellos oder zweiteres ohne FGM/C schmutzig.

3. Ökonomische Gründe

FGM/C gilt meist als Voraussetzung für die Heirat und Familiengründung einer Frau. Ohne FGM/C haben Frauen schlechtere Heiratschancen und der Brautpreis fällt niedriger aus. In vielen Kontexten, in denen FGM/C vorkommt, sind die Strukturen so, dass alleinlebende und ggf. alleinerziehende Frauen ihre Existenz und die ihrer Kinder nicht unabhängig sichern können. Auch wird der gesellschaftliche Status einer Frau oft an ihrer Heirats- und Gebärfähigkeit festgemacht. Ohne FGM/C erfahren Frauen oft soziale Ausgrenzung und Diskriminierung.

Aus Sicht von MenschenrechtsverteidigerInnen wird FGM/C durchgeführt, um weibliche Sexualität und den weiblichen Körper zu kontrollieren und die sexuelle Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen zu unterdrücken. Ziel ist die Durchsetzung patriarchal motivierter Normen wie Jungfräulichkeit vor der Ehe, Monogamie bzw. Treue während der Ehe und eine Reduzierung der sexuellen Lust und des sexuellen Vergnügens der Frau.

Folgen

FGM/C hat keine gesundheitlichen Vorteile für Mädchen und Frauen und kann nicht rückgängig gemacht werden. Alle Formen dieser Praktik können schwere physische, psychische und soziale Auswirkungen haben. FGM/C zählt zu den häufigsten Todesursachen in Ländern, in denen es praktiziert wird. Laut einer Studie der Universitäten Birmingham und Exeter in 15 afrikanischen Ländern aus dem Jahr 2023 sterben dort jährlich über 44.000 Frauen und Mädchen an FGM/C.

Die akuten und chronischen Folgen von FGM/C lassen sich in drei Bereiche einteilen. Das Ausmaß der Folgen hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a. von der Art der Verstümmelung (Typ I-IV), den verwendeten Instrumenten, der Umgebung, in der der Eingriff stattfindet, der Vorerfahrung der BeschneiderInnen und dem Gesundheitszustand der Betroffenen. Zu den häufigsten Folgen zählen:

Klicke auf die roten Markierungen oder auf die folgenden Überschriften

Folgen für die Psyche

  • Todesangst während des Eingriffs
  • Diverse Traumata, die v.a. mit Gefühlen von Verrat, Ohnmacht und Erniedrigung einhergehen, da die engsten Bezugspersonen der Betroffenen, meist die Eltern, FGM/C organisiert oder zugelassen haben, Dissoziation, posttraumatische Belastungsstörung etc.
  • Gefühle von Unvollständigkeit und Minderwertigkeit 
  • Schlaf- und Angststörungen 
  • Nachlassende Konzentrationsfähigkeit, bei Jugendlichen oft mit einem Abfall schulischer Leistungen und dem Ende der Schullaufbahn verbunden 
  • Depressionen bis hin zu schlimmstenfalls Suizidalität 
  • Partnerschaftskonflikte

Folgen für den Körper

  • Starke Schmerzen wegen der Durchtrennung des empfindlichen Genitalgewebes, in der Regel ohne Betäubung 
  • Unkontrollierbare Blutungen, v.a. wenn die Klitorisarterie oder ein anderes Blutgefäß durchtrennt wird
  • Frakturen an Schlüsselbein, Oberarm- und Oberschenkelknochen durch das gewaltsame Festhalten der Betroffenen bei dem Eingriff
  • Infektionen durch unsterile Bedingungen und Instrumente, u.a. Blutvergiftung, die zu einem septischen Schock und schließlich zum Tod führen kann
  • Verletzungen benachbarter Gewebe, wie z.B. Vagina, Harnröhre und Damm 
  • Beeinträchtigte Wundheilung, gefährliche Gewebeschwellung und übermäßige Narbenbildung
  • Beschwerden beim Urinieren, wie Schmerzen, Harnverhalt und Inkontinenz
  • Menstruationsbeschwerden, z.B. schmerzhafte oder unregelmäßige Menstruation, sowie Störung des Abflusses von Menstruationsblut
  • Geruchsentwicklung im Genitalbereich, u.a. bei Harn- und Stuhlinkontinenz
  • Chronische Genitalinfektionen, in deren Folge Zysten, Abszesse und Genitalgeschwüre auftreten können
  • Harnwegsinfektionen, die zu Nierenversagen führen können
  • Erhöhtes Risiko einer HIV-Infektion durch die Verwendung der gleichen Instrumente bei mehreren Betroffenen von FGM/C ohne zwischenzeitliche Reinigung oder das erhöhte Risiko von Blutungen beim Geschlechtsverkehr

Folgen für die Sexualität/Fortpflanzung

  • Beeinträchtigung der sexuellen Gesundheit und Empfindsamkeit, v.a. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, vermindertes sexuelles Verlangen und Lustempfinden, verminderte Häufigkeit oder Ausbleiben des Orgasmus 
  • Chronische Entzündungen an Becken, Nieren und Eierstöcken, die zu Eileiterschwangerschaften und Unfruchtbarkeit führen können
  • Geburtskomplikationen durch eine verengte und vernarbte Vaginalöffnung, u.a. erhöhtes Risiko für verlängerte Wehen, Kaiserschnitt, postpartale Blutungen und Geburtsverletzungen, sowie Sauerstoffmangel und in der Folge Hirnschädigungen bei Neugeborenen
  • Für Betroffene von FGM/C ist das Risiko von Fistelbildungen bei der Kindsgeburt erhöht. Fisteln verbinden zwei Körperteile, die normalerweise nicht miteinander verbunden sind, z.B. Vagina und Blase. Die Folge davon ist Inkontinenz, eine enorme soziale Belastung, die – genau wie Unfruchtbarkeit und Totgeburten – häufig zur Trennung vom Beziehungspartner und dem Ausschluss aus der Gesellschaft führt.

Illustration: Cora Hein

Mythen

FGM/C wird häufig mit Mythen verbunden, die medizinisch oder menschenrechtlich widerlegbar sind, bei gesellschaftlicher Akzeptanz von FGM/C, Bildungsmangel und Armut aber trotzdem wirkungsmächtig sein können. Da FGM/C ein Tabu-Thema ist, erfahren Mädchen vorab nur selten, was bei dem Eingriff passiert und welche Folgen er haben kann. Die Mythen über FGM/C legen nahe, dass der Eingriff unverzichtbar und erstrebenswert sei. Im Kampf gegen FGM/C gilt es deshalb, gängigen Mythen Fakten entgegenzusetzen und sie so zu entkräften.

Mythos

Fakt

Klicke auf die Sprechblasen

Kontakt mit der (unbeschnittenen) Klitoris führt zu Impotenz beim Mann oder den männlichen Nachkommen der Frau.

Illustration: Cora Hein

Medikalisierung

Medikalisierung von FGM/C bedeutet, dass die Praktik von GesundheitsdienstleisterInnen wie ÄrztInnen, Hebammen oder PflegerInnen, oft in Kliniken, zu Hause oder andernorts, unter Einsatz von chirurgischen Instrumenten, Anästhetika (Narkosemitteln) und Antiseptika (Desinfektionsmitteln) durchgeführt wird. Dazu zählt auch die Re-Infibulation, also das Wiederverschließen der äußeren Genitalien der Frau, z.B. nach der Entbindung eines Kindes und/oder nach einem gynäkologischen Eingriff.

Bereits im Jahr 1979 verurteilte die WHO öffentlich in der ersten Internationalen Konferenz zu FGM/C die Medikalisierung von FGM/C.

Verbreitung von medikalisierter FGM/C

Laut UNICEF wurde bei etwa jeder vierten FGM/C-Betroffenen der Eingriff durch GesundheitsdienstleiterInnen durchgeführt, weltweit bei etwa 52 Millionen Mädchen und Frauen. Mit steigender Tendenz: Waren ältere Frauen zwischen 45 und 49 Jahren zu 16 Prozent von medikalisierter FGM/C betroffen, galt dies unter Mädchen und jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren bereits für 34 Prozent, was auf eine Zunahme medikalisierter FGM/C hindeutet.

Statistiken zufolge ist medikalisierte FGM/C besonders in 11 Ländern verbreitet: Sudan, Ägypten, Indonesien, Guinea, Nigeria, Kenia, Dschibuti, Ghana, Tschad, Irak und Jemen. Am höchsten ist die Prävalenz derzeit in Ägypten und Sudan: dort wird FGM/C häufiger von GesundheitsdienstleisterInnen als von „traditionellen“ BeschneiderInnen durchgeführt.

Datenquelle: UNICEF 2020

Hintergründe und Bewertung

  Woher kommt der Trend der Medikalisierung? Warum ist das problematisch? Wie ist das medizinethisch/ rechtlich zu bewerten?
Eigene Befürwortung von FGM/C Einige medizinische Fachkräfte aus Gemeinschaften, die FGM/C praktizieren, befürworten trotz Kenntnis der Risiken dessen Durchführung. Medizinisches Fachpersonal genießt häufig großes Vertrauen und einen hohen sozialen Status. Wenn GesundheitsdienstleisterInnen FGM/C durchführen, kann dies den Anschein erwecken, FGM/C sei medizinisch unbedenklich oder legitim. Medikalisierte FGM/C verletzt medizinethische Prinzipien und den international anerkannten „Do-No-Harm“-Grundsatz.
Wirtschaftlicher Anreiz Für medizinisches Fachpersonal kann FGM/C wirtschaftliche Anreize haben. In Ländern mit einem FGM/C-Verbot verlangen Fachkräfte oft viel Geld für dessen illegale Durchführung. Wirtschaftliche Anreize können dafür sorgen, dass FGM/C aufrechterhalten und sogar gefördert wird. Ziel sollte dagegen sein, FGM/C abzuschaffen. Wird FGM/C in Ländern mit einem Verbot trotzdem durchgeführt, ist dies eine Straftat. Auch medizinische Fachkräfte müssen sich an geltende Gesetze halten!
Hoffnung auf vermeintlich geringe Schäden Viele Familien erhoffen sich von medikalisierter FGM/C weniger Schmerzen und Folgeschäden für die betroffenen Frauen und Mädchen. Infektionsrisiken und Schmerzen während des Eingriffs können durch medikalisierte FGM/C zwar minimal reduziert werden, das Risiko für kurz-, mittel- und langfristige Schäden bleibt aber gleich hoch. FGM/C ist immer ein Eingriff ohne medizinische Rechtfertigung und eine schwere Menschenrechts-verletzung!

FGM/C verletzt u.a. die Rechte auf Gleichheit und Schutz vor grausamer und unmenschlicher Behandlung (Art. 2 und 5, Allg. Erklärung der Menschenrechte).
Fazit
  • Die Durchführung von FGM/C kann niemals „sicher“ sein. Auch medikalisierte FGM/C birgt für Betroffene immer schwerwiegende Gesundheitsrisiken.
  • Unabhängig von der Art der Durchführung, bleibt FGM/C ein nicht notwendiger medizinischer Eingriff und eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt.
  • Der Trend zur Medikalisierung trägt zur Verharmlosung und vermeintlichen Legitimierung von FGM/C bei. Gleichzeitig wird die vollständige Abschaffung von FGM/C so verlangsamt oder gar verhindert.

Weltweit setzen sich Einrichtungen wie das europäische Netzwerk End FGM, die WHO und weitere Organe der Vereinten Nationen daher für eine „Null-Toleranz“ gegenüber FGM/C ein. Die Null-Toleranz-Politik verurteilt die Medikalisierung von FGM/C und lehnt sie ab.

Testet euer Wissen zu FGM/C weltweit!

1. Wie viele Formen von FGM/C unterscheidet die Weltgesundheits­organisation?
2. Welches Land hat aktuell die höchste Prävalenz von FGM/C?
3. Zu welchem Anteil wird FGM/C in Ägypten von Gesundheitsdienst­leisterInnen, und nicht von traditionellen BeschneiderInnen, durchgeführt?

FGM/C in Sierra Leone

Sierra Leone im Überblick

 

  • Bevölkerung: ca. 8,8 Millionen
  • Religionszugehörigkeit: 77 % muslimisch und 23 % christlich
  • Über 20 Sprachen (am meisten gesprochen werden Temne, Krio und Mende)
  • Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, 28 % leiden an Unterernährung
  • FGM/C-Prävalenz: 83 %
  • Kein gesetzliches Verbot von FGM/C!

Sprachen in Sierra Leone – ein Exkurs

Temne, Mende, Krio, Limba, Kissi, Kono, Gola, Bassa, Susu, Jalonke, Sherbro, Fulfulde, Vai, Kirim, Bom – in Sierra Leone gibt es eine Vielzahl von Sprachen, die von den verschiedenen Ethnien des Landes gesprochen werden. Am stärksten verbreitet sind die Sprachen Temne und Mende: Temne ist die Muttersprache für rund 2 Millionen Menschen im Westen, während Mende vor allem im Süden und Osten Sierra Leones von etwa 2,5 Millionen Menschen gesprochen wird.

Englisch ist die offizielle Amtssprache (eine Konsequenz der einstigen britischen Kolonialherrschaft) und spielt in Politik, Medien und Bildungswesen eine wichtige Rolle, wird in der Praxis jedoch nur von einem kleinen Teil der sierra-leonischen Bevölkerung fließend gesprochen. Die de facto Verkehrssprache, in der sich die Menschen über ihre ethnischen Gruppen hinweg verständigen, ist Krio, eine Englisch-basierte Kreolsprache mit westafrikanischen Einflüssen. Krio ist Muttersprache für etwa 10 Prozent der Gesamtbevölkerung in Sierra Leone, wird aber von rund 95 Prozent der EinwohnerInnen verstanden. Krio hat seinen Ursprung in der Sprache befreiter SklavInnen aus Nordamerika und der Karibik, die sich in Sierra Leone ansiedelten und dort u.a. die heutige Hauptstadt Freetown („Stadt der Freien“) gründeten. Neben westafrikanischen weist die Sprache auch französische und portugiesische Einflüsse auf – das Krio-Wort „pikin“ etwa bedeutet „Kind“ und geht auf das portugiesische „pequeno“ (klein) zurück.

Mini-Sprachkurs Krio

 
Versucht gleich mal selbst, das folgende Gespräch in Krio in die richtige Reihenfolge zu bringen!
Schiebt die Krio-Sätze in die richtige Reihenfolge. Die deutsche Übersetzung hilft euch dabei!
A: „Kusheh, ar u dea do?”
B: “Kusheh! Ar dea do fine, tenke. En ar u dea do?”
A: “Me sef dea do fine, tenke. En ar don get kolat now.”
B: “Oh, watin mak e be so? En watin don change?
A: “Na safe ose now ar dea live en ar dea feel fine.”
B: “Arg glady pasmark for u! En we for see egain somtem en tok bot buku tin wea we nor be don tok.
A: “Ego fine! Ar go gea buku tin for tel u.”

Übersetzung:

A: „Hi, wie geht’s dir?“
B: „Hallo! Mir geht’s gut, danke. Und dir?“
A: „Mir geht’s auch gut, danke! Ich fühle mich jetzt endlich sicherer.“
B: „Oh, wieso das? Was hat sich verändert?“
A: „Ich wohne jetzt in einem Schutzhaus und fühle mich dort sehr wohl.“
B: „Das freut mich sehr für dich! Wir sollten uns mal wieder treffen und über alles reden, was neu ist.“
A: „Das wäre toll! Ich habe dir so viel zu erzählen.“

Mini-Sprachkurs Temne

 

Neben Krio wollen wir euch auch einen Einblick in die Sprache Temne geben – Temne ist nicht nur eine der meistgesprochenen Sprachen in Sierra Leone, sondern auch die Hauptsprache der Region, in der die TDF-Partnerorganisation AIM aktiv ist.

 

Versucht gleich mal, die folgenden Satzteile nach Gehör in die richtige Reihenfolge zu bringen!

 

Zuerst findet ihr die deutsche Übersetzung des Satzes und die Temne-Audioaufnahme zum Abspielen. Weiter unten seht ihr die Temne-Bausteine des Satzes. Jetzt ist es an euch! Schafft ihr es, den Satz richtig auf Temne zu bilden? Wir drücken die Daumen!

Schiebt die Bausteine in die richtige Reihenfolge

In Sierra Leone sprechen ungefähr zwei Millionen Menschen die Sprache Temne.

molor ma-fem ewull-ewull
yeren ar tifof n’kate
ka-temne
ka-thorf a-salone

Einige Sprachen in Sierra Leone sind vom Aussterben bedroht.

tente telom
na salone
teba meshebo
meke sac-theh

Es ist wichtig, dass Mädchen und Frauen in Sierra Leone gewaltfrei leben können.

petiye arpa koloo tikeye
aar fethe arbera yea bom-ngha
ar-bake yea na salone
tike satha math mathorfel
kurie ka forsor magbande ngha

Wortschatz für Small-Talk

 
Habt ihr Feuer gefangen? Hier kommen noch ein paar weitere Vokabeln auf Temne und Krio für euch:
Deutsch Temne Krio
Guten Morgen N’dirai Mohnin
Guten Tag/Nachmittag N’piari Aftanun
Wie ist dein Name? Koye argais samuh? Watn na u name?
Mein Name ist … Mi ne yi… Me name na…
Wie geht’s dir? Topeh muah? Ar u dea do?
Mir geht es gut. Thon tho kuru. Ar dea do fine.
Bitte Mamu Doyah
Danke Momo Tenke
Tschüß Orwar e koneh yooh Bye-bye ya
Wo wohnst du? Deakay munor yenor? Wusie u dey?
Ich wohne in Sierra Leone. Meeneh eyeah nor salone deh yea. Me na salone ar dey.
Freundschaft Maneh Paddy
Frauenrechte Memarie ma-famabome Uman ryte
Gleichberechtigung (wörtlich: Männer und Frauen sind gleichberechtigt) Bomnah e ronah nah-bar memarie matheneneh Both man en uman equal
Übrigens: alle Audioaufnahmen in Krio und Temne wurden von den Bewohnerinnen eines Mädchenschutzhauses eingesprochen, zu dem ihr in diesem Teil der Ausstellung noch mehr erfahren könnt!

FGM/C-Prävalenz in Sierra Leone

Prozentualer Anteil der Frauen im Alter von 15 – 49 Jahren, die von FGM/C betroffen sind (nach Distrikten)
Wie alt sind die betroffenen Mädchen und Frauen in Sierra Leone, wenn FGM/C erfolgt?

FGM/C und die Bondo Society

In der Mehrheitsgesellschaft von Sierra Leone ist FGM/C als soziale und kulturelle Norm fest verankert, und ist traditionell Grundvoraussetzung für den Eintritt in die sogenannte Bondo Society.

Die Bondo Society ist ein in Sierra Leone sehr bedeutender und mächtiger Frauengeheimbund. In einem feierlichen Übergangsritual vom Kind- ins Erwachsenenleben werden Mädchen in die Bondo Society aufgenommen. In diesem meist mehrere Wochen andauernden Ritual sollen sie alles lernen, was sie für ihr Leben als erwachsene Frau in Sierra Leone brauchen – behandelte Themen umfassen unter anderem Ernährung, Gesundheitsvorsorge, Sexualität, Ehe und Kindererziehung, aber auch traditionelle Tänze und Lieder.

FGM/C ist traditionell ein zentraler Bestandteil des Rituals und damit Grundvoraussetzung für die Aufnahme in die Bondo Society. Die Verknüpfung ist so eng, dass „Bondo“ und „FGM/C“ im alltäglichen Sprachgebrauch oft als Synonyme verwendet werden.

Warum ist der Druck für Mädchen und Frauen, in die Bondo Society einzutreten und sich dafür FGM/C zu unterziehen, so hoch?

  • Soziale Erwartungen: bei Verzicht auf den Eintritt in die Bondo Society drohen Diskriminierung und gesellschaftlicher Ausschluss.
  • Die Teilnahme am Übergangsritual gilt als Voraussetzung für die eigene Heiratsfähigkeit und damit häufig auch für die eigene wirtschaftliche Absicherung.
  • Die Entscheidung für oder gegen FGM/C wird nicht als Individualentscheidung, sondern als Angelegenheit der gesamten Familie betrachtet (zumal das Stigma, das unbeschnittenen Frauen anhaftet, oft die ganze Familie betrifft); eine Entscheidung gegen FGM/C kann zu innerfamiliären Konflikten bis hin zum Bruch mit der Familie führen.
  • Im Volksglauben werden der Bondo Society und insbesondere den Beschneiderinnen große spirituelle Macht zugeschrieben, etwa die Fähigkeit, Menschen, die sich ihren Forderungen widersetzen, zu verfluchen.

Die traditionellen Beschneiderinnen: „Soweis“

„Soweis“ sind hochrangige Mitglieder der Bondo Society und traditionell für die Durchführung der Initiationsrituale, einschließlich FGM/C, verantwortlich. Ihre Stellung ist mit enormem gesellschaftlichem Prestige verbunden. Auch wirtschaftlich profitieren Soweis: die Familien der am Ritual teilnehmenden Mädchen zahlen den Soweis eine für Sierra Leone sehr hohe Gebühr.

Wie werden Frauen Soweis?​

Die Position als Sowei wird in der Regel über die weibliche Familienlinie weitervererbt, oder als eine Art Gegenleistung für die Unterstützung der Bondo Society bei Krankheiten oder sonstigen Schicksalsschlägen angenommen. Die Ausbildung unterliegt strenger Geheimhaltung und dauert mehrere Jahre.

TW: Dieses Video enthält Schilderungen einer Genitalverstümmelung (nicht explizit beschrieben) sowie von Fehl-/Totgeburten

Mehr als 95 Prozent der Beschneidungen in Sierra Leone werden von Soweis durchgeführt, ohne chirurgische Fachausbildung und von klinischen Bedingungen weit entfernt: der Eingriff erfolgt in der Regel ohne Anästhesie und mit einem Sortiment aus rudimentären und meist nicht sterilen Instrumenten wie Messern, Scheren, Rasierklingen und sogar Glasscherben.

Amazonian Initiative Movement (AIM)

Das Amazonian Initiative Movement, kurz AIM, wurde im Jahr 2003 von der Frauenrechtlerin Rugiatu Neneh Turay gegründet und brach mit der öffentlichen Thematisierung von FGM/C ein in Sierra Leone bis dato unantastbar erscheinendes Tabu. Seitdem kämpft die Organisation unermüdlich für ihr großes Ziel, sierra-leonische Mädchen und Frauen vor FGM/C zu schützen und die schädliche Praktik endlich zu beenden. Ihren Hauptsitz hat AIM in Port Loko, etwa 80 km nordöstlich von der Hauptstadt Freetown, doch die vielfältigen Aktivitäten des Teams reichen weit über diese Region hinaus. TERRE DES FEMMES, kurz TDF, arbeitet bereits seit 2009 erfolgreich mit AIM zusammen. Zur Bekämpfung von FGM/C braucht es jedoch viele Gleichgesinnte. Mit Blick auf die hier vorgestellten Ansätze sind das Mädchenschutzhaus und das Berufsbildungsprojekt Kooperationen mit TDF; die alternativen Initiationsrituale, Schulen statt Bondo-Schreine, Brunnen gegen FGM/C und das Schneiderei-Atelier setzt AIM mit PfefferminzGreen e.V. um.

AIM-Gründerin und -Leiterin Rugiatu Turay erzählt die Geschichte der Organisation

TW: Dieses Video enthält Schilderungen einer Genitalverstümmelung und des Todesfalles einer Angehörigen infolge von FGM/C

Das AIM-Team

Welche Erfolge hat AIM im Kampf gegen FGM/C bereits erzielt?

Was sind die größten Herausforderungen bei AIMs Kampf gegen FGM/C?

Schutzhaus

Seit 2012 betreibt AIM ein Mädchenschutzhaus. Die meisten der dort untergebrachten Mädchen und jungen Frauen sind von zuhause weggelaufen, um der Bedrohung durch FGM/C zu entgehen. Andere waren von häuslicher Gewalt betroffen, sollten zwangsverheiratet werden oder haben ihre Eltern an die Ebola-Epidemie verloren. Im Schutzhaus haben sie eine sichere Zuflucht gefunden und können ihre Schulbildung fortsetzen. Ihre Resilienz und ihr Zusammenhalt sind beeindruckend: trotz aller erlebter Traumata wird im Schutzhaus viel gelacht, getanzt und gesungen, die Mädchen unterstützen sich bei alltäglichen Dingen, wie z.B. den Hausaufgaben, und sind füreinander da.

AIM führt Mediationsgespräche mit den Familien der Mädchen, um sie von den schädlichen Auswirkungen der Genitalverstümmelung zu überzeugen, und sie dazu zu bringen, die Entscheidung der Mädchen gegen FGM/C zu akzeptieren. In vielen Fällen zeigen diese Gespräche Wirkung und die Mädchen können nach Hause zurückkehren und dort sicher aufwachsen.

 

Kommt mit Schutzhausbewohnerin Abibatu auf einen Rundgang!

Lernt einige der Schutzhausbewohnerinnen kennen:

Die Mädchen sind im Schutzhaus natürlich nicht alleine: sie werden von der Sozialarbeiterin Juliet Marah betreut, die selbst im Schutzhaus lebt und somit rund um die Uhr für die jungen Bewohnerinnen da ist. Außerdem kommt Köchin Ramatu Bangura täglich ins Schutzhaus, um den Mädchen warme Mahlzeiten zu kochen. Ramatu war einst als Beschneiderin tätig, hat sich jedoch von der Praktik abgewandt, und ist stolz, durch ihre Arbeit im Schutzhaus inzwischen Teil von AIMs Engagement gegen FGM/C zu sein.

Hier stellen sich die beiden vor:

AIM-Leiterin Rugiatu Turay erzählt die Geschichte hinter dem Schutzhaus:

Bilder aus dem Schutzhausalltag:

Aufklärungsarbeit

FGM/C ist in weiten Teilen der sierra-leonischen Gesellschaft als soziale Norm fest verankert. Um gegen die Praktik vorzugehen, muss AIM deshalb umfangreiche Aufklärungsarbeit leisten – und viele verschiedene Zielgruppen erreichen.

Welche Zielgruppen der Aufklärungsarbeit gegen FGM/C könnt ihr in diesem Video sehen?

Haltet hier fest, welche Zielgruppen der Aufklärungsarbeit gegen FGM/C ihr erkannt habt:

Traditionelle, religiöse und weitere Führungs­personen in der Community

Ehemänner und Väter

Kinder und Jugendliche

Mütter

Traditionelle Beschneiderinnen: „Soweis“

Klickt auf die Hände für mehr Informationen

Sowei-Deklarations­zeremonien

AIM organisiert feierliche Deklarationszeremonien, in denen die mithilfe von Aufklärungsarbeit überzeugten Soweis öffentlich erklären, zukünftig Bondo ohne FGM/C zu praktizieren – das heißt, sie werden weiterhin die kulturell wichtigen Übergangsrituale vom Mädchen- zum Frausein durchführen, aber ohne weibliche Genitalverstümmelung.

Als deutliches Symbol für dieses Bekenntnis legen sie den traditionellen weiß-roten Kopfschmuck der Soweis ab, und erhalten dafür einen neuen in blau-gelb. Dieser blau-gelbe Kopfschmuck macht für alle sichtbar, dass sie sich von FGM/C abgewandt haben.

Klickt auf das Bild, um das Anlegen des Kopfschmucks zu sehen

Image 1

Als Teil der Zeremonie unterschreiben die Frauen ein offizielles Bekenntnis, mit dem sie sich dazu verpflichten, zukünftig kein FGM/C mehr zu praktizieren. Diejenigen unter ihnen, die nicht schreiben können, unterzeichnen per Daumenabdruck.

Die Verknüpfung von Aufklärungs- mit Entwicklungsarbeit

Sierra Leone ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen nimmt das Land einen der niedrigsten Ränge ein (Platz 184 von 193 ausgewerteten Staaten, Stand 2022), über die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. AIM ist davon überzeugt, dass die Verbesserung der grundlegenden Lebenssituation der Menschen, etwa in Bezug auf Bildung, Gesundheit und Ernährungssicherheit, und der Kampf gegen die Menschenrechtsverletzung FGM/C Hand in Hand gehen müssen. Die Organisation verbindet daher Entwicklungsprojekte mit Aufklärungsarbeit und stellt dabei immer wieder fest, wie Entwicklungsanreize Türen zu Communities öffnen und zu dauerhafter, erfolgreicher Zusammenarbeit und nachhaltigen Verhaltensänderungen mit Blick auf FGM/C führen.

Beispiel 1: Schulen statt Bondo-Schreine

Der Zugang zu Schulen ist in vielen der abgelegenen Dörfer Sierra Leones sehr herausfordernd. Entweder gibt es für die dort lebenden Kinder und Jugendlichen überhaupt keine Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, oder sie müssen stundenlange Wege über unbefestigte Straßen zurücklegen, die während der Regenzeit gefährlich überspült sind und oft völlig unpassierbar werden. AIM setzt deshalb Schulbauprojekte im Rahmen ihrer „Schulen statt Bondo-Schreine“-Initiative um: Als „Preis“ für den Bau einer Schule müssen die DorfbewohnerInnen zustimmen, den sogenannten Bondo-Schrein (den Ort, an dem die traditionellen Beschneiderinnen ihre Ausbildung erhalten) in ihrer Gemeinde abzuschaffen, und damit eine klare Entscheidung für die Bildung ihrer Kinder und gegen die schädliche Praktik FGM/C treffen. AIM setzt sich auch dafür ein, dass für die neuen Schulen ausreichend Lehrkräfte zur Verfügung stehen und diese auch über den Staatshaushalt finanziert werden.

Die AIM-Leiterin Rugiatu Turay vor dem Rohbau eines Schulbauprojekts im Dorf Matimba

Die fertig gebaute Schule

Beispiel 2: Brunnen gegen FGM/C

Viele Dörfer in Sierra Leone verfügen über keinen eigenen Brunnen, und die traditionell für das Wasserholen zuständigen Frauen und Mädchen müssen bis zur nächstgelegenen Wasserquelle oft weite Entfernungen zurücklegen. Dies kostet sie nicht nur sehr viel Kraft und Zeit, die vor allem für ihre Schulbildung verloren geht, sondern stellt auch ein erhebliches Risiko für ihre Sicherheit dar: Auf dem langen Weg sind sie der Gefahr von sexualisierten Übergriffen, Entführungen und teils auch FGM/C ausgesetzt, denn es kommt vor, dass Beschneiderinnen Mädchen verschleppen und gegen ihren Willen dem Eingriff unterziehen. AIM hat im Zentrum zahlreicher Dörfer Brunnen gebaut und so eine sichere Möglichkeit zum Wasserholen geschaffen. Diese Brunnenbauprojekte werden dabei stets in umfassende Aufklärungskampagnen zu FGM/C eingebettet.

TW: Dieses Video enthält Schilderungen von Entführungen und Vergewaltigungen (nicht explizit beschrieben) sowie der Bedrohung durch Zwangsverstümmelung

Alternative Rituale

Übergangsrituale, mit denen Mädchen ihren Eintritt ins Erwachsenenleben sowie in den Frauengeheimbund der Bondo Society feiern und im Schutz der Gemeinschaft all das lernen sollen, was sie für ihr Leben als erwachsene Frau wissen müssen, sind von jeher ein zentraler Bestandteil der sierra-leonischen Kultur. Es sind bewegende und stolze Momente für die teilnehmenden Mädchen, ihre Familien und die gesamte Gemeinschaft. Dass die Rituale mit FGM/C verknüpft sind, ist für AIM trotz der ansonsten großen Wertschätzung für die Tradition jedoch nicht hinnehmbar.

Aus diesem Grund revolutioniert AIM die Zeremonie, indem sie alternative Initiationsrituale ausrichten, die alle traditionellen Elemente enthalten – außer FGM/C: sogenannte „rituals without cutting“ (Rituale ohne Beschneidung) oder „bloodless Bondo“ (Bondo ohne Blut). Bei den alternativen Ritualen müssen die Teilnehmerinnen zudem bereits volljährig sein, während sie bei den regulären Initiationsritualen (mit FGM/C) meist deutlich jünger sind und danach dennoch als erwachsen und heiratsfähig gelten.

Das Konzept nimmt auch denjenigen den Wind aus den Segeln, die in der Bewegung gegen FGM/C eine aus „dem Westen“ gesteuerte Zerstörung der sierra-leonischen Kultur sehen. In Sierra Leone wurde das erste alternative Ritual 2019 von AIM durchgeführt, international gab es 1996 in Kenia die ersten alternativen Initiationsrituale.

Zeremonieller Gang durch das Dorf

Geheime Lektionen im Bondo-Busch

Feuerholz tragen

Feierliche Abschlusszeremonie

Wirtschaftliches Empowerment

Trauriges Gesicht
Keine oder zu
kurze Schulbildung
Keine
Berufschancen
Finanzielle
Abhängigkeit
Fröhliches Gesicht
Abgeschlossene
Schulbildung
Berufstätigkeit
Eigenes
Einkommen
Illustration: Alwina Heinz

Es ist ein Teufelskreis: ohne Zugang zu Bildung haben Mädchen und Frauen keine Aussichten auf berufliche Entwicklung. Ohne die Chance auf einen Beruf drohen Armut und finanzielle Abhängigkeit. Armut und finanzielle Abhängigkeit erhöhen das Risiko, von Gewalt betroffen zu sein – und auch in der nächsten Generation keinen Zugang zu Bildung zu haben.

Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist das wirtschaftliche Empowerment von Mädchen und Frauen entscheidend. Das gilt auch für den Kampf gegen FGM/C und andere Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt in Sierra Leone: ein eigenes Einkommen ermöglicht es Frauen, ihr Leben selbstbestimmt zu führen, sich aus der Abhängigkeit von (männlichen) Versorgern zu lösen und gestärkt für ihre Rechte einzutreten.

Berufsbildungs­projekt

Mit berufsbildenden Kursen schafft AIM dringend benötigte Zukunftsperspektiven: die Teilnehmerinnen erlernen das Handwerk der Seifenherstellung und werden anschließend beim Aufbau eines eigenen Kleinunternehmens unterstützt und begleitet. Auch Alphabetisierung für Erwachsene und Grundlagen der erfolgreichen Unternehmensführung gehören zu den Kursangeboten.

Die Projektteilnehmerinnen setzen sich aus drei Gruppen zusammen: ältere Mädchen aus dem Schutzhaus, finanziell schlecht gestellte Frauen, die nie oder nur für kurze Zeit zur Schule gehen konnten, und ehemalige Beschneiderinnen, die AIM überzeugen konnte, ihre Tätigkeit aufzugeben. Letztere spielen eine besonders zentrale Rolle in AIMs Kampf gegen FGM/C: für die meisten von ihnen war FGM/C bisher die einzige Einnahmequelle, um sich und ihre Familien über die Runden zu bringen, und sie verfügen über keinerlei sonstige berufliche Erfahrung oder Qualifikation. Der Aufbau einer von FGM/C unabhängigen Existenz und neue Verdienstmöglichkeiten durch das Berufsbildungsprojekt sind deshalb entscheidende Voraussetzungen dafür, Beschneiderinnen dauerhaft von der schädlichen Praktik abzubringen.

Seifenherstellung

Zieht die Texte auf die passenden Bilder
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Seifenzutaten
Arbeitsmaterialien
Arbeitskraft und -zeit
Businessplan
Absatzmärkte
Marketing
Illustrationen: Alwina Heinz

Schritt für Schritt durch die Seifenherstellung

Manuelle Seifenherstellung, ohne die automatisierten Mechanismen der industriellen Massenproduktion, ist gar nicht so einfach! Der ganze Prozess erstreckt sich über zwei Tage.

1. Vorbereitung: Öl reinigen

2. Seifenflüssigkeit anrühren

3. Seifenmasse erstarren lassen

4.a. Seifenblöcke schneiden

4.b. Seifenmasse raspeln

5.a. Fertiges Produkt: Blockseife

5.b. Fertiges Produkt: Africana-Seife

Business-Kurse

Allein das Handwerk der Seifenherstellung zu beherrschen, reicht noch lange nicht aus, um damit tatsächlich ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Es braucht Arbeitsmittel und Seifenzutaten, die erst einmal bezahlt werden müssen, KundInnen, die das Produkt kaufen wollen, und eine nachhaltige Planung und Verwaltung der erzielten Einnahmen, um das Geschäft langfristig am Laufen zu halten.

AIM vermittelt deshalb in Businesskursen die wichtigsten Grundlagen zum Aufbau und Betrieb eines eigenen Kleinunternehmens. Nach Abschluss der Ausbildung erhalten die teilnehmenden Frauen ein Starterkit für ihre eigene Seifenproduktion, und werden im Anschluss noch einige Monate bei ihren nächsten Schritten beraten und begleitet.

Alphabetisierungs­kurse

Rund 60 Prozent der erwachsenen Frauen in Sierra Leone sind Analphabetinnen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Armut, Frühehen, patriarchale Rollenbilder und viele andere Hindernisse erschweren Mädchen und Frauen den Zugang zu Bildung. Auch viele Teilnehmerinnen des Berufsbildungsprojekts konnten nie oder nur für kurze Zeit zur Schule gehen.

Durch Alphabetisierungskurse für Erwachsene gibt AIM ihnen die ersehnte Chance, endlich lesen und schreiben zu lernen. Auch einfache Mathematik ist Teil des Lehrplans. Das Hauptziel der Frauen besteht darin, die grundlegende Buchführung für ein eigenes Geschäft meistern und dafür z.B. benötigte Zutaten aufschreiben und Preise zusammenrechnen zu können.

Ein persönliches Erfolgserlebnis ist für viele, nicht mehr wie bisher per Daumenabdruck unterzeichnen zu müssen, sondern endlich mit dem eigenen Namen unterschreiben zu können.

Schneiderei-Atelier für ehemalige Beschneiderinnen

Ein weiteres Projekt, mit dem AIM einstigen Beschneiderinnen die Möglichkeit gibt, neue berufliche Fertigkeiten zu erwerben und ihren Lebensunterhalt ohne das Praktizieren von FGM/C zu bestreiten, ist ein Atelier, in dem die Frauen eine Ausbildung zur Schneiderin absolvieren können. Sie erlernen den Umgang mit einer Nähmaschine und deren notwendige Pflege, und meistern die Herstellung einer Vielzahl unterschiedlicher Nähprodukte, darunter Alltags- und festliche Kleidung, Taschen und Kissenbezüge. Nach Abschluss ihrer Ausbildung sind sie weiter im Schneiderei-Atelier tätig und setzen Aufträge für AIM um, dürfen die dort bereitgestellten Nähmaschinen aber genauso nutzen, um eigens erworbene Stoffe zu verarbeiten und daraus hergestellte Produkte selbst zu verkaufen.

Spar- und Kreditprojekte in Dörfern

Armut in Sierra Leone betrifft ganz besonders die Landbevölkerung. In den ruralen Gebieten leben fast 80 Prozent der Menschen in multidimensionaler Armut, sind also von vielen Armutsformen gleichzeitig betroffen, u.a. bezüglich Ernährung, Besitz, Bildung und Gesundheit. Im nationalen Schnitt sind „nur“ 58 Prozent der Menschen betroffen. Vor diesem Hintergrund setzt AIM in mehreren Dörfern sogenannte „Village Savings and Loan“-Projekte (dt. Spar- und Kreditprojekte auf Dorfebene) um, in denen die TeilnehmerInnen ein System für gemeinsames Sparen und den nachhaltigeren Umgang mit ihren oft sehr begrenzten Einkünften kennenlernen.

Das Village Savings and Loan-Prinzip sieht vor, dass die Mitglieder einer Gruppe von ca. 20 Personen jede Woche einen festen Betrag in eine Kassenbox einzahlen. Aus dieser Kasse können die TeilnehmerInnen wiederum kleine Kredite aufnehmen, um zukunftsgerichtete Investitionen für sich und ihre Familien zu tätigen. AIM begleitet den Prozess zwar, die Hauptverantwortung liegt jedoch bei den Gruppenmitgliedern selbst und einem von ihnen gewählten Komitee, das für die Verwaltung der Ersparnisse, die Genehmigung der Kredite und die Sicherstellung der Rückzahlungen zuständig ist.

Alle Sparprojekte sind in AIMs übergeordnete Kampagnen gegen FGM/C und für Frauenrechte eingebettet: Voraussetzung für die Umsetzung eines Village Savings and Loan-Projekts ist immer die Zusage der jeweiligen Dorfgemeinschaft, zukünftig kein FGM/C mehr zu praktizieren. Obwohl auch Männer an den Sparprojekten teilnehmen können, gilt das Prinzip, dass Frauen die Mehrzahl der Gruppenmitglieder ausmachen.

Politische Arbeit

Quellen zu den abgebildeten Schlagzeilen

TW: Dieses Video enthält Schilderungen des Todesfalles eines Kleinkindes infolge von FGM/C (nicht explizit beschrieben)

Die große Mehrheit der Länder, in denen FGM/C traditionell praktiziert wird, hat die Praktik inzwischen in ihrer nationalen Gesetzgebung unter Strafe gestellt. Zwar sind gesetzliche Verbote allein noch lange keine Garantie dafür, dass der Eingriff nicht länger stattfindet, dennoch bilden sie eine entscheidende Rechtsgrundlage für den Kampf gegen FGM/C – und senden zugleich die wichtige Botschaft, dass auch die politischen EntscheidungsträgerInnen FGM/C entgegenstehen. Doch in Sierra Leone ist man davon weit entfernt! Die amtierende First Lady Fatima Maada Bio klammerte in ihrer 2019 begonnenen landesweiten Kampagne „Hands off Our Girls“ zum Schutz von Mädchen vor verschiedenen geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen FGM/C kategorisch aus und erklärte in einem Interview, dass FGM/C keine negativen Folgen habe bzw. selbige erst einmal nachgewiesen werden müssten. Keine der bisherigen Regierungen und keine der größeren Parteien hat sich jemals explizit für ein Verbot von FGM/C ausgesprochen, im Gegenteil bekunden PolitikerInnen auf allen Ebenen immer wieder öffentlich ihre Befürwortung der Praktik.

Geschuldet ist dies nicht zuletzt dem erheblichen gesellschaftlichen Einfluss des Frauengeheimbunds der Bondo Society und seines politischen Sprachrohrs, des sogenannten „National Sowei Council“ (Nationaler Rat der Soweis/traditionellen Beschneiderinnen). 1993 gegründet, stellt der Rat die erste Organisation der Soweis in einem strukturierten Gremium dar und hat der bis dahin nur informell organisierten Geheimgesellschaft eine ganz neue Dimension an formaler öffentlicher Präsenz ermöglicht. Als anerkannte Organisation wird der Rat von der Regierung Sierra Leones zu zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten eingeladen, die VertreterInnen der Zivilgesellschaft einbeziehen, und kann in diesem Rahmen seine politischen Positionen vorantreiben und Druck auf FGM/C-GegnerInnen ausüben. Auf lokaler Ebene nutzen Soweis und die Bondo Society ihr politisches Gewicht gezielt zur Beeinflussung von Wahlentscheidungen. Ihren Unmut auf sich zu ziehen, gilt als politischer Selbstmord.

Zahlreiche PolitikerInnen gehen so weit, in Wahlkampfzeiten die teure Einführung von Mädchen in die Bondo Society und damit deren Beschneidung zu bezahlen, nicht nur um Pluspunkte bei der Geheimgesellschaft zu machen, sondern vor allem auch, um die Wahlstimmen der finanziell entlasteten Familien zu erkaufen.

Bis heute gibt es in Sierra Leone kein Gesetz, das Mädchen und Frauen vor FGM/C schützt. Die Verfassung des Landes erkennt FGM/C nicht als menschenrechtsverletzende Praktik an, und der Passus zum Schutz vor unmenschlicher Behandlung (Art. 20.1: „Niemand sollte irgendeiner Form von Folter oder irgendeiner Bestrafung oder Behandlung ausgesetzt sein, die inhuman oder erniedrigend ist.”) wird ebenfalls nicht auf FGM/C angewendet.

Sierra Leone hat mehrere internationale Abkommen ratifiziert, deren Ziele mit der fortbestehenden Legalität von FGM/C eigentlich unvereinbar sind. Dennoch sind Versuche, FGM/C in der nationalen Gesetzgebung zu kriminalisieren, immer wieder gescheitert bzw. blieben auf temporäre Verbote beschränkt. Einen Überblick über wichtige diesbezügliche Gesetzesinitiativen, internationale Abkommen und sonstige Entwicklungen geben wir euch hier:

    Worum geht es? Wurde damit der Rechtsschutz gegen FGM/C in Sierra Leone verbessert?
Ratifizierung CEDAW 1988 Bereits 1988 hat Sierra Leone die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (engl. Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women – CEDAW) unterzeichnet und ratifiziert. Artikel 2f der Konvention fordert die Vertragsstaaten dazu auf, alle geeigneten Maßnahmen einschließlich entsprechender Gesetzgebung zu ergreifen, um Gebräuche und Praktiken, die Frauen diskriminieren, zu beenden. Trotz wiederholter Kritik des CEDAW-Ausschusses wurde FGM/C in Sierra Leone bis heute nicht gesetzlich verboten.
Child Rights Act 2007 Das Gesetz zum Schutz von Minderjährigen definiert FGM/C zwar, doch als traditionelle Praktiken, denen Kinder laut dem Gesetz nicht mehr ausgesetzt werden dürfen, werden in Abschnitt 46 lediglich die Verlobung und Verheiratung von Kindern aufgeführt. Ursprünglich vorgesehene Passagen, die auch FGM/C kriminalisiert hätten, wurden auf Druck von einflussreichen lokalen Führungspersonen während des legislativen Prozesses wieder entfernt.
Absichtserklärungen zum Stopp von FGM/C an Minderjährigen 2012 Im Jahr 2012 unterzeichneten acht der damals zwölf Distrikte Sierra Leones (Bo, Kambia, Port Loko, Kailahun, Bonthe, Pujehun, Western Area Rural, Western Area Urban) eine Absichtserklärung, die FGM/C an minderjährigen Mädchen verbot. Diese Erklärung wurde anschließend in einigen Chiefdoms (der nächstniedrigeren Verwaltungseinheit in Sierra Leone) in lokale Vereinbarungen zwischen traditionellen Führungspersonen und Beschneiderinnen/Soweis übertragen. Fakt ist, dass diese Vereinbarungen nie in die reguläre Gesetzgebung Eingang fanden, nicht rechtsverbindlich wirken und Beschneidungen von Minderjährigen auch in den genannten Distrikten weiterhin stattfinden.
Temporäres FGM/C-Verbot wegen Ebola 2014 Im Jahr 2014 erließ die sierra-leonische Regierung kurzzeitig ein landesweites Verbot von FGM/C, um die Verbreitung des Ebola-Virus einzudämmen. Einzelpersonen, die sich nicht an dieses Verbot hielten, wurden mit Geldstrafen belegt, und die Fallzahlen gingen vorübergehend deutlich zurück. Das Verbot blieb nur in Kraft, bis die Weltgesundheitsorganisation Sierra Leone für Ebola-frei erklärte.
Ratifizierung Maputo-Protokoll 2015 Das „Protokoll für die Rechte von Frauen in Afrika“, bekannt als Maputo-Protokoll, ist ein Zusatzprotokoll zur „Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker“ und hat die Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen zum Ziel. Artikel 5b verpflichtet die Vertragsstaaten explizit dazu, gesetzlich gegen alle Formen von FGM/C vorzugehen. Sierra Leone hat das Maputo-Protokoll 2003 unterzeichnet und 2015 ratifiziert. Seit der Ratifizierung hat Sierra Leone keinerlei Maßnahmen für das im Maputo-Protokoll explizit geforderte gesetzliche Verbot von FGM/C ergriffen.
Nationaler Aktionsplan zur Reduzierung von FGM/C 2016 Das sierra-leonische Ministerium für Soziales, Gender- und Kinderangelegenheiten erklärte im Jahr 2016, gemeinsam mit strategischen PartnerInnen wie NGOs und UN-Behörden einen nationalen Aktionsplan zur Reduzierung von FGM/C erarbeitet zu haben, der unter anderem Maßnahmen zu Aufklärung und Monitoring sowie die Einrichtung eines nationalen Steuerungsausschusses für die Bekämpfung von FGM/C vorsah. Aufgrund der politischen Kontroverse wurde das Dokument bis heute nicht vom Parlament verabschiedet und folglich auch nicht in die Praxis umgesetzt.
Temporäres FGM/C-Verbot im Wahlkampf 2018 Die Strategie sierra-leonischer PolitikerInnen, Beschneidungszeremonien zu finanzieren und sich so die Wahlstimmen der begünstigten Familien zu sichern, nahm zeitweilig so extreme Ausmaße an, dass die Regierung im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2018 ein temporäres FGM/C-Verbot verhängte. Ziel dieser Maßnahme war nicht, Mädchen und Frauen vor der schädlichen Praktik zu schützen, sondern einzig die Beeinflussung des Wahlausgangs zu verhindern. Nach den Präsidentschaftswahlen 2018 endete das Verbot und wurde seitdem auch für keinen weiteren Wahlprozess repliziert.

Die Debatte um das Vorgehen gegen FGM/C wird in Sierra Leone von zwei unterschiedlichen Ansätzen dominiert: dem Age of Consent” (Schutz- oder Mündigkeitsalter)-Ansatz und dem Zero Tolerance” (Null Toleranz)-Ansatz. Ersterer fordert ein FGM/C-Verbot lediglich für Mädchen unter 18 Jahren – volljährigen Frauen hingegen sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich für den Eingriff zu entscheiden. Der Null Toleranz-Ansatz spricht sich stattdessen für ein vollständiges FGM/C-Verbot ungeachtet des Alters aus.

TW: Dieses Video enthält Schilderungen von Todesfällen infolge von FGM/C (nicht explizit beschrieben)

Sierra-leonische PolitikerInnen, die sich überhaupt kritisch zu FGM/C äußern, fokussieren sich in der Regel auf den „Age of Consent“-Ansatz und formulieren ihre Sorge als Kinderschutzfrage, zumal FGM/C in der sierra-leonischen Kultur meist mit Heiratsfähigkeit gleichgesetzt wird und die Forderung nach Volljährigkeit beim Eingriff somit dazu beitragen soll, Teenagerheiraten und -schwangerschaften zu vermeiden und den Mädchen einen längeren Schulbesuch zu ermöglichen. Obwohl der beschriebene Zusammenhang zwischen FGM/C und Frühverheiratung zweifellos besteht, versäumt diese Darstellung in der Regel, die grundsätzlichen Gefahren und Folgeschäden von FGM/C zu beleuchten, die alle Mädchen und Frauen völlig unabhängig ihres Alters betreffen.

Der „National Sowei Council“ als politische Vertretung der Beschneiderinnen hat sich im Rahmen der erbitterten Diskussionen um die allgemeine Zulässigkeit von FGM/C zum „Age of Consent“-Ansatz als vermeintlicher Kompromisshaltung durchgerungen und seine Mitglieder zumindest offiziell aufgefordert, junge Frauen nur noch mit Erreichen der Volljährigkeit zu beschneiden. Die Praxis zeigt jedoch, dass FGM/C an Minderjährigen nach wie vor regelmäßig vorkommt und die große Mehrheit der Soweis sich nicht an die Altersregelung gebunden fühlt.

Die Age of Consent”-Debatte spaltet auch die sierra-leonische NGO-Landschaft, da eine Reihe von Organisationen ebenfalls diesen Ansatz vertritt. Die TDF-Partnerorganisation AIM spricht sich jedoch, gemeinsam mit vielen anderen NGOs, klar für eine Null Toleranz-Haltung aus. Sie betonen, dass die Konsequenzen von FGM/C keine Rücksicht auf Altersgrenzen nehmen, und verweisen auf die immer wieder vorkommenden Todesfälle auch bei volljährigen Frauen. Hinzu kommt, dass angesichts der in weiten Teilen der Gesellschaft noch immer vorherrschenden Tabuisierung von FGM/C sowie des immensen sozialen Drucks, der Bondo Society beizutreten und damit auch die Beschneidungsrituale zu durchlaufen, eine tatsächlich informierte und selbstbestimmte Entscheidung für FGM/C kaum möglich erscheint.

Da FGM/C in Sierra Leone noch immer nicht gesetzlich verboten ist, ist eine potentielle strafrechtliche Verfolgung nur dann denkbar, wenn die Beschneidung unter körperlichem Zwang und explizit gegen den Willen der Betroffenen stattfindet – ein Umstand, der angesichts der absoluten Geheimhaltung aller Vorgänge im Bondo-Busch kaum je nachzuweisen ist – oder Komplikationen tödlich enden. Doch selbst in diesen Fällen ist der Weg, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen und eine tatsächliche Verurteilung zu erreichen, lang und steinig.

Dies liegt vor allem an der einflussreichen und auch überregional gut vernetzten Bondo Society, die nicht zögert, ihr gesellschaftliches und politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen, um Druck auf eine Vielzahl von AkteurInnen auszuüben und so ihre Mitglieder zu schützen. So ist es schon vorgekommen, dass Polizeistationen nach Festnahmen von Soweis nicht nur von deren ortsansässigen Kolleginnen, sondern auch von Soweis aus anderen Distrikten aufgesucht und landesweite Proteste angedroht wurden, woraufhin die Tatverdächtigen wieder auf freien Fuß kamen und weitere Strafverfolgung ausblieb. Wenn geschädigte Personen die Bondo Society verklagen, wird die Klage in der Regel von den Gerichten abgewiesen. Oft kommt es gar nicht erst zur Verhandlung, da die entsprechenden Fälle immer wieder ohne stichhaltige Begründung aufgeschoben werden oder relevante Akten verschwinden. Einige Fälle werden unter dem Vorwand abgewiesen, dass sie die Sicherheit des Staates verletzen könnten. Die Einschüchterung von KlägerInnen und ZeugInnen ist ebenfalls eine gängige Strategie der Bondo Society.

Quelle: The Guardian

Gegen FGM/C arbeitende NGOs, allen voran der Dachverband „Forum Against Harmful Practices“ (FAHP, dt. Forum gegen schädliche Praktiken), dessen Vorsitz die TDF-Partnerorganisation AIM innehat, kämpfen gegen diese Widerstände an. Ihr Ziel ist es, mindestens eine erfolgreiche Verurteilung zu erreichen und damit einen Präzedenzfall zu schaffen, der die zukünftige juristische Verfolgung von Todesfällen nach FGM/C erleichtert. Zu diesem Zweck unterstützt das FAHP zurzeit etwa die laufenden Verfahren zu drei im Dezember 2023 nach FGM/C verstorbenen minderjährigen Mädchen sowie der im Dezember 2021 ums Leben gekommenen 21-jährigen Maseray Sei. Für letztere hatte sogar ein Autopsie-Bericht FGM/C als Todesursache bestätigt, dennoch kam der Fall zunächst nicht vor Gericht. Der zuständige Richter behauptete, ein Wort im medizinischen Bericht sei nicht verständlich gewesen, und verweigerte die Verfahrensaufnahme. Mit Unterstützung des FAHP konnte der Fall schließlich an eine höhere gerichtliche Instanz übergeben werden, deren Entscheidung noch aussteht.

Organisationen wie AIM haben mit ihrer Pionierarbeit das Schweigen zu dem traditionell tabuisierten Thema FGM/C gebrochen. Trotz anhaltender Widerstände aus Politik und Gesellschaft gibt es in Sierra Leone inzwischen eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Gruppen, die sich offen gegen FGM/C engagieren. Das Bestreben, diese Organisationen enger miteinander zu vernetzen, Synergieeffekte zu schaffen und mit vereinten Kräften gegen FGM/C in Sierra Leone eintreten zu können, mündete im Jahr 2014 schließlich in die Gründung des „Forum Against Harmful Practices“ (FAHP, dt. Forum gegen schädliche Praktiken). Inzwischen hat dieser Dachverband rund 26 Mitgliedsorganisationen, einen siebenköpfigen Vorstand (AIM-Gründerin und -Leiterin Rugiatu Turay ist Vorstandsvorsitzende) und eine Geschäftsstelle mit 11 hauptamtlichen MitarbeiterInnen.

Das FAHP betreibt Fundraising für die Projekte seiner Mitgliedsorganisationen, umfassende Forschung und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema FGM/C und setzt sich auf politischer Ebene für ein gesetzliches Verbot der Praktik sowie die strafrechtliche Verfolgung durch FGM/C verursachter Todesfälle ein. Eine zentrale Position des FAHP besteht darin, dass sich alle Mitgliedsorganisationen zum „Zero Tolerance“-Ansatz bekennen müssen, d.h. zur Forderung eines vollständigen Verbots von FGM/C, und nicht, wie von weiten Teilen der sierra-leonischen Politik und auch einigen NGOs vertreten, eines ausschließlich auf Minderjährige bezogenen Verbots („Age of Consent“-Ansatz).

Hier erzählt FAHP-Geschäftsführerin Aminata Koroma mehr zur Geschichte, den Aktivitäten und Zielen des Forums:

TW: Dieses Video enthält Schilderungen von Todesfällen infolge von FGM/C (nicht explizit beschrieben)

 

FGM/C in der sierra-leonischen Politik

TW: Dieses Video enthält Schilderungen des Todesfalles eines Kleinkindes infolge von FGM/C (nicht explizit beschrieben)

Die große Mehrheit der Länder, in denen FGM/C traditionell praktiziert wird, hat die Praktik inzwischen in ihrer nationalen Gesetzgebung unter Strafe gestellt. Zwar sind gesetzliche Verbote allein noch lange keine Garantie dafür, dass der Eingriff nicht länger stattfindet, dennoch bilden sie eine entscheidende Rechtsgrundlage für den Kampf gegen FGM/C – und senden zugleich die wichtige Botschaft, dass auch die politischen EntscheidungsträgerInnen FGM/C entgegenstehen. Doch in Sierra Leone ist man davon weit entfernt! Die amtierende First Lady Fatima Maada Bio klammerte in ihrer 2019 begonnenen landesweiten Kampagne „Hands off Our Girls“ zum Schutz von Mädchen vor verschiedenen geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen FGM/C kategorisch aus und erklärte in einem Interview, dass FGM/C keine negativen Folgen habe bzw. selbige erst einmal nachgewiesen werden müssten. Keine der bisherigen Regierungen und keine der größeren Parteien hat sich jemals explizit für ein Verbot von FGM/C ausgesprochen, im Gegenteil bekunden PolitikerInnen auf allen Ebenen immer wieder öffentlich ihre Befürwortung der Praktik.

Geschuldet ist dies nicht zuletzt dem erheblichen gesellschaftlichen Einfluss des Frauengeheimbunds der Bondo Society und seines politischen Sprachrohrs, des sogenannten „National Sowei Council“ (Nationaler Rat der Soweis/traditionellen Beschneiderinnen). 1993 gegründet, stellt der Rat die erste Organisation der Soweis in einem strukturierten Gremium dar und hat der bis dahin nur informell organisierten Geheimgesellschaft eine ganz neue Dimension an formaler öffentlicher Präsenz ermöglicht. Als anerkannte Organisation wird der Rat von der Regierung Sierra Leones zu zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten eingeladen, die VertreterInnen der Zivilgesellschaft einbeziehen, und kann in diesem Rahmen seine politischen Positionen vorantreiben und Druck auf FGM/C-GegnerInnen ausüben. Auf lokaler Ebene nutzen Soweis und die Bondo Society ihr politisches Gewicht gezielt zur Beeinflussung von Wahlentscheidungen. Ihren Unmut auf sich zu ziehen, gilt als politischer Selbstmord.

Zahlreiche PolitikerInnen gehen so weit, in Wahlkampfzeiten die teure Einführung von Mädchen in die Bondo Society und damit deren Beschneidung zu bezahlen, nicht nur um Pluspunkte bei der Geheimgesellschaft zu machen, sondern vor allem auch, um die Wahlstimmen der finanziell entlasteten Familien zu erkaufen.

Rechtliche Lage

Bis heute gibt es in Sierra Leone kein Gesetz, das Mädchen und Frauen vor FGM/C schützt. Die Verfassung des Landes erkennt FGM/C nicht als menschenrechtsverletzende Praktik an, und der Passus zum Schutz vor unmenschlicher Behandlung (Art. 20.1: „Niemand sollte irgendeiner Form von Folter oder irgendeiner Bestrafung oder Behandlung ausgesetzt sein, die inhuman oder erniedrigend ist.”) wird ebenfalls nicht auf FGM/C angewendet.

Sierra Leone hat mehrere internationale Abkommen ratifiziert, deren Ziele mit der fortbestehenden Legalität von FGM/C eigentlich unvereinbar sind. Dennoch sind Versuche, FGM/C in der nationalen Gesetzgebung zu kriminalisieren, immer wieder gescheitert bzw. blieben auf temporäre Verbote beschränkt. Einen Überblick über wichtige diesbezügliche Gesetzesinitiativen, internationale Abkommen und sonstige Entwicklungen geben wir euch hier:

    Worum geht es? Wurde damit der Rechtsschutz gegen FGM/C in Sierra Leone verbessert?
Ratifizierung CEDAW 1988 Bereits 1988 hat Sierra Leone die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (engl. Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women – CEDAW) unterzeichnet und ratifiziert. Artikel 2f der Konvention fordert die Vertragsstaaten dazu auf, alle geeigneten Maßnahmen einschließlich entsprechender Gesetzgebung zu ergreifen, um Gebräuche und Praktiken, die Frauen diskriminieren, zu beenden. Trotz wiederholter Kritik des CEDAW-Ausschusses wurde FGM/C in Sierra Leone bis heute nicht gesetzlich verboten.
Child Rights Act 2007 Das Gesetz zum Schutz von Minderjährigen definiert FGM/C zwar, doch als traditionelle Praktiken, denen Kinder laut dem Gesetz nicht mehr ausgesetzt werden dürfen, werden in Abschnitt 46 lediglich die Verlobung und Verheiratung von Kindern aufgeführt. Ursprünglich vorgesehene Passagen, die auch FGM/C kriminalisiert hätten, wurden auf Druck von einflussreichen lokalen Führungspersonen während des legislativen Prozesses wieder entfernt.
Absichtserklärungen zum Stopp von FGM/C an Minderjährigen 2012 Im Jahr 2012 unterzeichneten acht der damals zwölf Distrikte Sierra Leones (Bo, Kambia, Port Loko, Kailahun, Bonthe, Pujehun, Western Area Rural, Western Area Urban) eine Absichtserklärung, die FGM/C an minderjährigen Mädchen verbot. Diese Erklärung wurde anschließend in einigen Chiefdoms (der nächstniedrigeren Verwaltungseinheit in Sierra Leone) in lokale Vereinbarungen zwischen traditionellen Führungspersonen und Beschneiderinnen/Soweis übertragen. Fakt ist, dass diese Vereinbarungen nie in die reguläre Gesetzgebung Eingang fanden, nicht rechtsverbindlich wirken und Beschneidungen von Minderjährigen auch in den genannten Distrikten weiterhin stattfinden.
Temporäres FGM/C-Verbot wegen Ebola 2014 Im Jahr 2014 erließ die sierra-leonische Regierung kurzzeitig ein landesweites Verbot von FGM/C, um die Verbreitung des Ebola-Virus einzudämmen. Einzelpersonen, die sich nicht an dieses Verbot hielten, wurden mit Geldstrafen belegt, und die Fallzahlen gingen vorübergehend deutlich zurück. Das Verbot blieb nur in Kraft, bis die Weltgesundheitsorganisation Sierra Leone für Ebola-frei erklärte.
Ratifizierung Maputo-Protokoll 2015 Das „Protokoll für die Rechte von Frauen in Afrika“, bekannt als Maputo-Protokoll, ist ein Zusatzprotokoll zur „Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker“ und hat die Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen zum Ziel. Artikel 5b verpflichtet die Vertragsstaaten explizit dazu, gesetzlich gegen alle Formen von FGM/C vorzugehen. Sierra Leone hat das Maputo-Protokoll 2003 unterzeichnet und 2015 ratifiziert. Seit der Ratifizierung hat Sierra Leone keinerlei Maßnahmen für das im Maputo-Protokoll explizit geforderte gesetzliche Verbot von FGM/C ergriffen.
Nationaler Aktionsplan zur Reduzierung von FGM/C 2016 Das sierra-leonische Ministerium für Soziales, Gender- und Kinderangelegenheiten erklärte im Jahr 2016, gemeinsam mit strategischen PartnerInnen wie NGOs und UN-Behörden einen nationalen Aktionsplan zur Reduzierung von FGM/C erarbeitet zu haben, der unter anderem Maßnahmen zu Aufklärung und Monitoring sowie die Einrichtung eines nationalen Steuerungsausschusses für die Bekämpfung von FGM/C vorsah. Aufgrund der politischen Kontroverse wurde das Dokument bis heute nicht vom Parlament verabschiedet und folglich auch nicht in die Praxis umgesetzt.
Temporäres FGM/C-Verbot im Wahlkampf 2018 Die Strategie sierra-leonischer PolitikerInnen, Beschneidungszeremonien zu finanzieren und sich so die Wahlstimmen der begünstigten Familien zu sichern, nahm zeitweilig so extreme Ausmaße an, dass die Regierung im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2018 ein temporäres FGM/C-Verbot verhängte. Ziel dieser Maßnahme war nicht, Mädchen und Frauen vor der schädlichen Praktik zu schützen, sondern einzig die Beeinflussung des Wahlausgangs zu verhindern. Nach den Präsidentschaftswahlen 2018 endete das Verbot und wurde seitdem auch für keinen weiteren Wahlprozess repliziert.
Die „Age of Consent”-Debatte

Die Debatte um das Vorgehen gegen FGM/C wird in Sierra Leone von zwei unterschiedlichen Ansätzen dominiert: dem Age of Consent” (Schutz- oder Mündigkeitsalter)-Ansatz und dem Zero Tolerance” (Null Toleranz)-Ansatz. Ersterer fordert ein FGM/C-Verbot lediglich für Mädchen unter 18 Jahren – volljährigen Frauen hingegen sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich für den Eingriff zu entscheiden. Der Null Toleranz-Ansatz spricht sich stattdessen für ein vollständiges FGM/C-Verbot ungeachtet des Alters aus.

TW: Dieses Video enthält Schilderungen von Todesfällen infolge von FGM/C (nicht explizit beschrieben)

Sierra-leonische PolitikerInnen, die sich überhaupt kritisch zu FGM/C äußern, fokussieren sich in der Regel auf den „Age of Consent“-Ansatz und formulieren ihre Sorge als Kinderschutzfrage, zumal FGM/C in der sierra-leonischen Kultur meist mit Heiratsfähigkeit gleichgesetzt wird und die Forderung nach Volljährigkeit beim Eingriff somit dazu beitragen soll, Teenagerheiraten und -schwangerschaften zu vermeiden und den Mädchen einen längeren Schulbesuch zu ermöglichen. Obwohl der beschriebene Zusammenhang zwischen FGM/C und Frühverheiratung zweifellos besteht, versäumt diese Darstellung in der Regel, die grundsätzlichen Gefahren und Folgeschäden von FGM/C zu beleuchten, die alle Mädchen und Frauen völlig unabhängig ihres Alters betreffen.

Der „National Sowei Council“ als politische Vertretung der Beschneiderinnen hat sich im Rahmen der erbitterten Diskussionen um die allgemeine Zulässigkeit von FGM/C zum „Age of Consent“-Ansatz als vermeintlicher Kompromisshaltung durchgerungen und seine Mitglieder zumindest offiziell aufgefordert, junge Frauen nur noch mit Erreichen der Volljährigkeit zu beschneiden. Die Praxis zeigt jedoch, dass FGM/C an Minderjährigen nach wie vor regelmäßig vorkommt und die große Mehrheit der Soweis sich nicht an die Altersregelung gebunden fühlt.

Die Age of Consent”-Debatte spaltet auch die sierra-leonische NGO-Landschaft, da eine Reihe von Organisationen ebenfalls diesen Ansatz vertritt. Die TDF-Partnerorganisation AIM spricht sich jedoch, gemeinsam mit vielen anderen NGOs, klar für eine Null Toleranz-Haltung aus. Sie betonen, dass die Konsequenzen von FGM/C keine Rücksicht auf Altersgrenzen nehmen, und verweisen auf die immer wieder vorkommenden Todesfälle auch bei volljährigen Frauen. Hinzu kommt, dass angesichts der in weiten Teilen der Gesellschaft noch immer vorherrschenden Tabuisierung von FGM/C sowie des immensen sozialen Drucks, der Bondo Society beizutreten und damit auch die Beschneidungsrituale zu durchlaufen, eine tatsächlich informierte und selbstbestimmte Entscheidung für FGM/C kaum möglich erscheint.

Juristische Verfolgung

Da FGM/C in Sierra Leone noch immer nicht gesetzlich verboten ist, ist eine potentielle strafrechtliche Verfolgung nur dann denkbar, wenn die Beschneidung unter körperlichem Zwang und explizit gegen den Willen der Betroffenen stattfindet – ein Umstand, der angesichts der absoluten Geheimhaltung aller Vorgänge im Bondo-Busch kaum je nachzuweisen ist – oder Komplikationen tödlich enden. Doch selbst in diesen Fällen ist der Weg, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen und eine tatsächliche Verurteilung zu erreichen, lang und steinig.

Dies liegt vor allem an der einflussreichen und auch überregional gut vernetzten Bondo Society, die nicht zögert, ihr gesellschaftliches und politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen, um Druck auf eine Vielzahl von AkteurInnen auszuüben und so ihre Mitglieder zu schützen. So ist es schon vorgekommen, dass Polizeistationen nach Festnahmen von Soweis nicht nur von deren ortsansässigen Kolleginnen, sondern auch von Soweis aus anderen Distrikten aufgesucht und landesweite Proteste angedroht wurden, woraufhin die Tatverdächtigen wieder auf freien Fuß kamen und weitere Strafverfolgung ausblieb. Wenn geschädigte Personen die Bondo Society verklagen, wird die Klage in der Regel von den Gerichten abgewiesen. Oft kommt es gar nicht erst zur Verhandlung, da die entsprechenden Fälle immer wieder ohne stichhaltige Begründung aufgeschoben werden oder relevante Akten verschwinden. Einige Fälle werden unter dem Vorwand abgewiesen, dass sie die Sicherheit des Staates verletzen könnten. Die Einschüchterung von KlägerInnen und ZeugInnen ist ebenfalls eine gängige Strategie der Bondo Society.

Quelle: The Guardian

Gegen FGM/C arbeitende NGOs, allen voran der Dachverband „Forum Against Harmful Practices“ (FAHP, dt. Forum gegen schädliche Praktiken), dessen Vorsitz die TDF-Partnerorganisation AIM innehat, kämpfen gegen diese Widerstände an. Ihr Ziel ist es, mindestens eine erfolgreiche Verurteilung zu erreichen und damit einen Präzedenzfall zu schaffen, der die zukünftige juristische Verfolgung von Todesfällen nach FGM/C erleichtert. Zu diesem Zweck unterstützt das FAHP zurzeit etwa die laufenden Verfahren zu drei im Dezember 2023 nach FGM/C verstorbenen minderjährigen Mädchen sowie der im Dezember 2021 ums Leben gekommenen 21-jährigen Maseray Sei. Für letztere hatte sogar ein Autopsie-Bericht FGM/C als Todesursache bestätigt, dennoch kam der Fall zunächst nicht vor Gericht. Der zuständige Richter behauptete, ein Wort im medizinischen Bericht sei nicht verständlich gewesen, und verweigerte die Verfahrensaufnahme. Mit Unterstützung des FAHP konnte der Fall schließlich an eine höhere gerichtliche Instanz übergeben werden, deren Entscheidung noch aussteht.

Zivilgesellschaftliche Vernetzung

Organisationen wie AIM haben mit ihrer Pionierarbeit das Schweigen zu dem traditionell tabuisierten Thema FGM/C gebrochen. Trotz anhaltender Widerstände aus Politik und Gesellschaft gibt es in Sierra Leone inzwischen eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Gruppen, die sich offen gegen FGM/C engagieren. Das Bestreben, diese Organisationen enger miteinander zu vernetzen, Synergieeffekte zu schaffen und mit vereinten Kräften gegen FGM/C in Sierra Leone eintreten zu können, mündete im Jahr 2014 schließlich in die Gründung des „Forum Against Harmful Practices“ (FAHP, dt. Forum gegen schädliche Praktiken). Inzwischen hat dieser Dachverband rund 26 Mitgliedsorganisationen, einen siebenköpfigen Vorstand (AIM-Gründerin und -Leiterin Rugiatu Turay ist Vorstandsvorsitzende) und eine Geschäftsstelle mit 11 hauptamtlichen MitarbeiterInnen.

Das FAHP betreibt Fundraising für die Projekte seiner Mitgliedsorganisationen, umfassende Forschung und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema FGM/C und setzt sich auf politischer Ebene für ein gesetzliches Verbot der Praktik sowie die strafrechtliche Verfolgung durch FGM/C verursachter Todesfälle ein. Eine zentrale Position des FAHP besteht darin, dass sich alle Mitgliedsorganisationen zum „Zero Tolerance“-Ansatz bekennen müssen, d.h. zur Forderung eines vollständigen Verbots von FGM/C, und nicht, wie von weiten Teilen der sierra-leonischen Politik und auch einigen NGOs vertreten, eines ausschließlich auf Minderjährige bezogenen Verbots („Age of Consent“-Ansatz).

Hier erzählt FAHP-Geschäftsführerin Aminata Koroma mehr zur Geschichte, den Aktivitäten und Zielen des Forums:

TW: Dieses Video enthält Schilderungen von Todesfällen infolge von FGM/C (nicht explizit beschrieben)

 

Testet euer Wissen zu FGM/C in Sierra Leone!

1. Wie heißt der Frauengeheimbund, der in Sierra Leone umgangssprachlich oft mit FGM/C gleichgesetzt wird?
2. Wie viele Mitgliedsorganisationen hat das Forum Against Harmful Practices (FAHP)?
3. Welche Kopfschmuck-Farben zeigen, dass eine ehemalige Beschneiderin sich von FGM/C abgewandt hat?

FGM/C in Deutschland

Migrationsbedingt wird FGM/C weltweit und auch in Deutschland praktiziert.

FGM/C in Deutschland

Verbreitung

Laut UNICEF waren 2024 weltweit mindestens 230 Millionen Mädchen und Frauen von FGM/C betroffen, ein Anstieg um 15 Prozent im Vergleich zur Betroffenenrate 2016. Fast 4,4 Millionen Mädchen sind weltweit durch FGM/C gefährdet. Um FGM/C bis 2030 zu beseitigen, müssten 27-mal schneller Fortschritte erfolgen als dies aktuell der Fall ist.

Diaspora-Gemeinden (Familien mit demselben Herkunftslandbezug, die im Ausland miteinander vernetzt leben) erhalten Traditionen und Bräuche oft auch am neuen Wohnort aufrecht. Da FGM/C für die Zugehörigkeit der Töchter zur Gemeinschaft, für die Geschlechterrollen und in der Folge für die Gründung von Familien und das Fortbestehen der eigenen sozialen Gruppe wichtig erscheint, wird sie weiter praktiziert. Die Akzeptanz von FGM/C innerhalb von Diaspora-Gemeinden, lückenhafte Integration und die Tabuisierung der Praktik schützen oft vor Entdeckung und Strafverfolgung.

TDF erstellt regelmäßig, zuletzt 2025, eine Dunkelzifferschätzung der durch FGM/C Betroffenen und Gefährdeten in Deutschland.

Nicht nur in den Herkunftsländern der durch FGM/C Betroffenen und Gefährdeten wird FGM/C stark tabuisiert. In Deutschland ist dies genauso, zumal FGM/C als Menschenrechtsverletzung und Straftat gilt. Um sich der tatsächlichen Verbreitung von FGM/C in Deutschland anzunähern, ist eine Dunkelzifferschätzung unverzichtbar.

© Alexey Hulsov via Canva.com

Gesetzeslage

2012 verpflichteten die Vereinten Nationen mit der Resolution 67/146 (Intensivierung der weltweiten Bemühungen um die Beseitigung von weiblichen Genitalverstümmelungen) alle Mitgliedsstaaten, Gesetze gegen FGM/C zu erlassen. Artikel 38 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Istanbul-Konvention“) von 2011, die 2018 auch in Deutschland in Kraft trat, fordert eine Kriminalisierung von FGM/C.

In Deutschland ist FGM/C als eigener Straftatbestand nach § 226a StGB gesetzlich verboten: FGM/C kann zu einer Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren führen, unabhängig davon, ob FGM/C in Deutschland oder im Ausland stattfindet, solange die Betroffene ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. TäterInnen können ihre Aufenthaltserlaubnis verlieren, wenn sie wegen FGM/C verurteilt werden. Auch kann die Einreise nach Deutschland dann verweigert werden.

Als TäterInnen gelten alle Personen, die

  • FGM/C durchführen
  • bei FGM/C helfen
  • eine andere Person beeinflussen, damit diese FGM/C durchführt
  • FGM/C erlauben.

Seit 2005 ist die geschlechtsspezifische Verfolgung, z.B. in Form von drohender oder bereits erfolgter FGM/C, in Deutschland ein anerkannter Asylgrund. Die tatsächliche Anerkennungspraxis weicht jedoch noch häufig von der Rechtslage ab.

© Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Schutzbrief

Auf die Strafbarkeit von FGM/C in Deutschland macht seit 2021 auch ein Schutzbrief der Bundesregierung aufmerksam. Er soll v.a. Eltern Argumente gegen den gesellschaftlichen und familiären Druck im Herkunftsland an die Hand geben und sie auf Reisen davon abhalten, FGM/C an ihren Töchtern durchführen zu lassen. Auch Kontaktadressen für Hilfe und Schutz sind darin genannt. Der Schutzbrief ist in mehreren Sprachen digital abrufbar oder kann als Druckversion bestellt werden. Er hat die Größe eines Reisepasses und liegt bei Beratungsstellen, Hilfsorganisationen und in den Wartezimmern von ÄrztInnen aus.

Wie viele Mädchen und Frauen in Deutschland sind von FGM/C betroffen?

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0 – 25.000 25.001 – 50.000 50.001 – 75.000 75.001 – 100.000 100.001 – 125.000 125.001 – 150.000

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Wieso braucht es eine Dunkelzifferschätzung?
  • Sichtbarkeit: Eine Dunkelzifferschätzung nähert sich einer Aussage darüber an, wie viele Personen in Deutschland tatsächlich von FGM/C bedroht oder betroffen sind. Im Unterschied zum Hellfeld, das die angezeigten und damit amtlich registrierten Fälle von FGM/C umfasst, gibt erst das Dunkelfeld – Fälle, die u.a. aus Angst, Scham oder Druck nicht angezeigt wurden – Aufschluss über das tatsächliche Gesamtaufkommen von FGM/C in Deutschland. ExpertInnen gehen davon aus, dass FGM/C in den wenigsten Fällen aktenkundig wird. Erst eine Dunkelzifferschätzung macht daher die Verbreitung von FGM/C in Deutschland und damit den politischen Handlungsbedarf sichtbar.
  • Kompass für Hilfsangebote: Die TDF-Dunkelzifferschätzung für Deutschland gibt auch einen Überblick über die Anzahl gefährdeter und betroffener Mädchen und Frauen nach Bundesland. Dies ermöglicht, Hilfs-und Beratungsangebote gezielt dort einzurichten oder auszubauen, wo der Bedarf besteht.
  • Grundlage für die größere Statistik: Nationale Dunkelzifferschätzungen bilden die Basis für regionale und internationale Dunkelfeld-Erhebungen. So tragen die Daten aus Deutschland z.B. dazu bei, Kenntnis darüber zu erlangen, wie viele Frauen und Mädchen in Europa von FGM/C bedroht oder betroffen sind.
  • Monitoring: Regelmäßige Dunkelzifferschätzungen erlauben zudem Rückschlüsse auf Veränderungen im zeitlichen Verlauf, wie eine Zunahme oder einen Rückgang der von FGM/C bedrohten oder betroffenen Frauen. So kann auch die Wirkung bestehender Hilfsstrukturen bis zu einem gewissen Grad gemessen oder die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen festgestellt werden.
Aktuelle Dunkelzifferschätzung in Deutschland
  • Seit 1998 gibt TERRE DES FEMMES fast jährlich eine Dunkelzifferschätzung heraus.
  • Die TDF-Dunkelzifferschätzung für 2025 basiert auf Bevölkerungsdaten des statistischen Bundesamtes (Stichtag: 31.12.2024): TDF geht aktuell von bis zu 101.778 von weiblicher Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen (15.709) und Frauen (86.069) in Deutschland aus. Weiterhin sind bis zu 22.292 Mädchen gefährdet (Maximalszenario). Die offizielle Veröffentlichung der ausführlichen TDF-Dunkelzifferschätzung mit einer Aufschlüsselung nach Bundesländern ist voraussichtlich für September 2025 geplant. Für die Digitalausstellung werden die finalen Schätzungsergebnisse für 2025 aber bereits zur Verfügung gestellt.
  • Die Methode, die TDF zur Errechnung der Dunkelzifferschätzung anwendet, wird hier erläutert.

Seit wann ist weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland ein eigener Straftatbestand?

Verschiebt den Regler auf dem Zeitstrahl

1990 2000 2010 2020
Stand FGM/C vorher in Deutschland nicht unter Strafe?

Vor der Einführung des § 226a StGB konnte FGM/C in Deutschland bereits strafrechtlich geahndet werden, und zwar unter Anwendung der §§ 223 ff. StGB als Form der Körperverletzung. Durch den neu eingeführten § 226a StGB wird FGM/C nun als eine Form der schweren Körperverletzung und zugleich als Verbrechen eingestuft. Damit verbunden ist auch ein höheres Strafmaß von mindestens einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 226a Abs. 1 i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB). 

Argumente für einen Straftatbestand der weiblichen Genitalverstümmelung
  • Europäische/internationale Verpflichtung: Deutschland hat wegweisende Abkommen wie das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Istanbul-Konvention“) und das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (engl. CEDAW) ratifiziert und damit zugesichert, Maßnahmen gegen FGM/C umzusetzen. Seit dem 14. Mai 2024 verpflichtet zudem die EU-Richtline 1385 zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt alle EU-Mitgliedstaaten, einen Straftatbestand der weiblichen Genitalverstümmlung in nationales Recht umzusetzen. Mit der Einführung des Straftatbestands § 226a StGB kommt Deutschland dieser Verpflichtung nach.
  • Mehr Bewusstsein in der Gesellschaft: Durch einen Straftatbestand der weiblichen Genitalverstümmelung wird Bewusstsein für FGM/C in der Gesellschaft geschaffen oder erhöht, denn FGM/C gilt nun auch dem Gesetz nach als eigene Gewaltform und zieht strafrechtliche Konsequenzen nach sich.
  • Signal an Betroffene: Gilt eine bestimmte Gewaltform als eigener Straftatbestand, ist dies ein deutliches Signal an die davon Betroffenen: dass FGM/C als konkrete Straftat in die nationalen Gesetzgebung aufgenommen wurde, ermutigt Betroffene, rechtliche Schritte gegen TäterInnen einzuleiten.
  • Statistische Fallerfassung: Ein Straftatbestand der weiblichen Genitalverstümmelung erleichtert die statistische Erfassung von FGM/C-Fällen. Statistische Datenerfassung ist für alle Gewaltformen wichtig, um Informationen über die Verbreitung und Betroffenen zu erlangen.

Wieso muss FGM/C ein eigener Straftatbestand sein?

Was macht TERRE DES FEMMES?

TERRE DES FEMMES e.V. (TDF) wurde 1981 gegründet und ist die größte Frauenrechtsorganisation Deutschlands. Seit Juni 2011 ist der Sitz unserer Geschäftsstelle in Berlin.

Erfahrt hier mehr über die Geschichte von TDF

Wir verfolgen das Ziel, dass Frauen und Mädchen weltweit gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei leben können. Zu unseren Kernthemen zählen die Verhinderung und Beseitigung von weiblicher Genitalverstümmelung, von häuslicher und sexualisierter Gewalt, von Gewalt im Namen der sogenannten Ehre, von Frauenhandel und Prostitution sowie von Frauenrechtsverletzungen in den Bereichen sexuelle und reproduktive Rechte sowie Integration. TDF betreibt Lobby-, Informations- und Bildungsarbeit in Deutschland.

Macht euch mit dem feministischen Leitbild von TDF vertraut

Im Ausland unterstützen wir Kooperationsprojekte zu unseren Kernthemen in aktuell sieben Ländern: Sierra Leone, Mali, Burkina Faso, Afghanistan, Indien, Nicaragua und der Ukraine. Wir entsenden selbst keine Fachkräfte, sondern arbeiten ausschließlich mit Frauenrechtsorganisationen vor Ort zusammen. Professionalität, Transparenz und gegenseitiger Respekt sind dabei Schlüsselkriterien. Die Kooperation mit Amazonian Initiative Movement (AIM) in Sierra Leone besteht seit 2009.

Lernt unsere internationalen Kooperationsprojekte kennen

Wie setzt sich TDF gegen FGM/C ein?
  • Seit 1995 setzt sich die Arbeitsgruppe Weibliche Genitalverstümmelung (jetzt: AG Weibliche Genitalverstümmelung und Gewalt im Namen der Ehre), bestehend aus haupt- und ehrenamtlichen Expertinnen von TDF, dafür ein, dass ÄrztInnen, Hebammen, ErzieherInnen und LehrerInnen in ihrer Ausbildung zu FGM/C geschult und mehr Beratungsstellen für betroffene Frauen und deren Familien eingerichtet werden.
  • Seit 1997 unterhält TDF ein Fachreferat gegen Weibliche Genitalverstümmelung.
  • TDF ist in den zentralen Netzwerken gegen FGM/C in Deutschland und Europa aktiv, u.a. im Netzwerk INTEGRA und dem End FGM European Network.

  • Wir machen Lobbyarbeit, um Gesetze zum Schutz und zur Unterstützung der von FGM/C Gefährdeten und Betroffenen durchzusetzen oder zu verbessern. TDF trug u.a. dazu bei, dass FGM/C 2013 zu einem eigenen Straftatbestand gemäß § 226 a StGB und 2014 in den Medizinischen Diagnoseschlüssel aufgenommen wurde.
  • Wir machen Umfragen und Studien und seit 1998 i.d.R. jährlich eine Dunkelzifferschätzung zu den von FGM/C Gefährdeten und Betroffenen in Deutschland. 2017 veröffentlichte TDF mit dem Netzwerk INTEGRA z.B. die erste qualitative deutschlandweite Studie zu FGM/C.
  • Mit Leitfäden und Broschüren erhalten potenziell befürwortende Familien und deren Kontaktpersonen in pädagogischen, medizinischen und sozialen Berufen Einblick in Präventionsmöglichkeiten, die Gesetzeslage und die Gefahren von FGM/C.

  • Am 6. Februar, dem Internationalen Tag der „Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung“, ruft TDF jährlich zur Büchertisch-Aktion auf. BuchhändlerInnen in ganz Deutschland stellen dann Literatur und TDF-Informationsmaterial zu FGM/C aus.
  • TDF setzt fortlaufend Projekte zur Aufklärung über FGM/C in Deutschland und Europa, meist in enger Kooperation mit Diaspora Communitys, um. Auch fördern wir Projekte ausländischer Frauenrechtsorganisationen zum Schutz vor FGM/C, derzeit in Sierra Leone, Burkina Faso und Mali.
  • Mit Publikationen, Konferenzen, Fortbildungen und Aktionen wie Petitionen und Ausstellungen, hat TDF erreicht, dass Kenntnisse über FGM/C heute in Deutschland als Allgemeinwissen gelten.
Was fordert TERRE DES FEMMES?

Zu unseren Forderungen zählen u.a.

  • Die weltweite Ächtung und Abschaffung von FGM/C
  • Die Umsetzung eines staatlich koordinierten und finanzierten nationalen Aktionsplans mit überprüfbaren Zielen, verbindlichen Fristen und klaren Verantwortlich­keiten
  • Eine bundesweit flächendeckende Versorgung mit psychosozialen, medizinischen und juristischen Fach- und Beratungs­stellen
  • Die konsequente Anerkennung drohender FGM/C als geschlechtsspezifische Verfolgung durch das BAMF im Rahmen von Asyl­verfahren

Hier geht es zum gesamten Forderungskatalog

Das Team der TDF-Geschäftsstelle im Februar 2024

Hilfsoptionen

An erster Stelle stehen immer der Schutz und die Unterstützung der von FGM/C bedrohten oder betroffenen Frauen und Mädchen. Ihr seid nicht allein! Aber auch Angehörige, FreundInnen oder Fachkräfte, die von FGM/C bedrohte oder betroffene Frauen und Mädchen begleiten oder andere Berührungspunkte mit FGM/C haben, haben oft Beratungsbedarf. In Deutschland gibt es eine Reihe spezialisierter Hilfsangebote. Die Karte rechts bietet euch einen Überblick über Beratungs- und Koordinierungsstellen zu FGM/C. Klickt ihr auf ein Icon, werden euch die Stadt, der Name und die Website der Einrichtung angezeigt. Der Überblick ist wertungsfrei. Er trifft keine Aussage über die Zufriedenheit von NutzerInnen mit den Angeboten der Anlaufstellen.

Bei Bedarf könnt ihr euch auch die ausführliche Liste von TDF (wahlweise auf Deutsch oder Englisch) mit Beratungs- und Koordinierungsstellen, Vereinen, Verbänden sowie medizinischen und juristischen Anlaufstellen zu FGM/C in Deutschland herunterladen.

 

Ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder erleben, ist das

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“:
116 016

Anonym – kostenfrei – 24h – mehrsprachig
Online-Beratung: www.hilfetelefon.de

Lesenswertes über FGM/C

 

Ein Buch lesen – für mich ist das das Erforschen eines Universums.
(Marguerite Duras)

 

Bücher von heute sind morgen Taten.
(Heinrich Mann)

Bewusstsein und Taten schaffen – Beides ist wichtig, um FGM/C zu verhindern und zu beenden. Deshalb stellt TDF Publikationen über FGM/C zur Verfügung: von Flyern über Bildungsbroschüren bis hin zu Handlungsleitfäden für Fachkräfte. Sogar Comics sind dabei!

Im Bücherregal unten findet ihr eine Auswahl an Lesenswertem zu FGM/C auf Deutsch und Englisch – von TDF (im zweiten Regalboden von oben) und anderen ExpertInnen (in den übrigen Regalböden), ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber mit einer klaren Leseempfehlung!

Klickt einfach auf die Buchrücken und lasst euch anzeigen, welche Publikation sich dahinter verbirgt, wann sie erschienen ist und an wen sie sich richtet! Oft ist die Lektüre auch direkt verlinkt. Viel Freude beim Schmökern!

Illustration: Alwina Heinz

Quellen zu den Publikationen im Bücherschrank

Veränderung von innen – Diaspora Communitys gegen FGM/C

Um Mädchen und Frauen auch in Deutschland und Europa wirksam vor FGM/C zu schützen, arbeitet TDF sehr eng mit engagierten Menschen aus Diaspora Communitys zusammen, in deren Herkunftsländern FGM/C verbreitet ist.

Warum braucht es Community-Arbeit?

Um FGM/C z.B. in Deutschland beenden zu können, muss die Bundesregierung den rechtlichen Rahmen dafür schaffen. Um die Menschen von der Notwendigkeit, FGM/C aufzugeben, zu überzeugen, bedarf es jedoch noch weiterer Schritte. Sollen sich Normen und Einstellungen ändern, die oft schon lange existieren und fest in einer Gemeinschaft verankert sind, braucht es zunächst Zugang und Vertrauen zu den Menschen. Veränderungen „von innen“ heraus sind zudem wirksamer, als wenn sie „von außen“ an Menschen herangetragen werden. Die VertreterInnen von Diaspora Communitys, mit denen TDF kooperiert, die sogenannten „Community TrainerInnen“, sind in ihren Gemeinschaften sehr aktiv, so dass sie andere Mitglieder gut mit ihren Botschaften erreichen. Neben der Überwindung kultureller und sprachlicher Barrieren gelingt es ihnen, einflussreiche Personen, die eine Vorbildfunktion in der Community einnehmen, etwa traditionelle oder religiöse Autoritätspersonen wie Imame und Pastoren, über FGM/C aufzuklären. Sind diese als MultiplikatorInnen gegen FGM/C gewonnen, ist es leichter, die weitere Community zu überzeugen, FGM/C aufzugeben.

Zugleich führen die Community TrainerInnen in ihrem eigenen sozialen Umfeld Sensibilisierungsaktivitäten durch, sogenannte „Behaviour Change Activities“. Mit diesen brechen sie das Tabu rund um FGM/C und schaffen Räume, in denen offen über FGM/C gesprochen und auch Kritik daran geübt werden kann, so dass ein Umdenken angestoßen wird.

Wer kann Community TrainerIn werden?

Frauen und Männer ab 18 Jahren, die in ihrem sozialen Umfeld gut vernetzt sind und eine hohe Motivation mitbringen, geschlechtsspezifische Gewalt abzuschaffen. Außer guten kommunikativen Fähigkeiten müssen die Community TrainerInnen keine speziellen Voraussetzungen erfüllen, sodass sie eine Bandbreite an professionellen und privaten Talenten mitbringen.

Zuletzt kooperierte TDF mit acht Community TrainerInnen. Lernt sie hier persönlich kennen:

Berichte aus der Arbeit der Community TrainerInnen

Was sind BCAs (Behavior Change Activities)?
Sprachlicher Umgang mit Betroffenen
Community Trainerin als FGM/C Überlebende
Community-Arbeit in Deutschland und im Herkunftsland
Widerstand innerhalb der Community
FGM/C beenden: eine Aufgabe Aller

EU-Projekte

Schätzungen zufolge leben über 600.000 Frauen in Europa mit den Folgen von FGM/C. Weitere 190.000 Mädchen und Frauen sind allein in 17 europäischen Ländern davon bedroht. Deshalb setzt sich TDF nicht nur in Deutschland gegen FGM/C ein, sondern auch auf europäischer Ebene, u.a. in Netzwerken wie End FGM.

Um möglichst viele betroffene Gemeinschaften, Fachkräfte und Regierungen in ganz Europa zu erreichen, realisiert TDF seit Jahren Projekte zusammen mit Diaspora Communitys und Partnerorganisationen anderer europäischer Länder und finanzieller Unterstützung der Europäischen Union.

Kern der Projekte ist ein Community-basierter Ansatz: Menschen aus von FGM/C betroffenen Gemeinschaften werden eng eingebunden und bilden sich zu MultiplikatorInnen und ExpertInnen fort, um der sozialen Akzeptanz von FGM/C in ihren Gemeinschaften entgegenzuwirken. Hier ein Überblick:

© Martin Funck

CHANGE

01/03/2013 – 28/02/2015

Gender ABC

01/09/2018 – 31/08/2020

Men Standing Up for Gender Equality

01/09/2019 – 31/08/2021

 

CHAIN

01/09/2020 – 31/08/2022

 

SAFE

01/04/2025 – 30/09/2027

15/01/2016 – 14/01/2018

CHANGE PLUS

01/10/2018 – 30/09/2020

Let’s CHANGE

© Martin Funck
01/03/2023 – 28/02/2025

Join our CHAIN

© Martin Funck
01/03/2013 – 28/02/2015

CHANGE

01/09/2018 – 31/08/2020

Gender ABC

01/09/2019 – 31/08/2021

Men Standing Up for Gender Equality

01/03/2023 – 28/02/2025

Join our CHAIN

© Martin Funck
15/01/2016 – 14/01/2018

CHANGE PLUS

01/10/2018 – 30/09/2020

Let’s CHANGE

© Martin Funck
01/09/2020 – 31/08/2022

CHAIN

01/04/2025 – 30/09/2027

SAFE

Sicher ist euch aufgefallen, dass sich mehrere Projekte gleichzeitig gegen FGM/C und frühe Zwangsverheiratung (engl. Early Forced Marriage bzw. EFM) richten.

Wie hängen FGM/C und EFM zusammen?

  • In vielen Gemeinschaften ist FGM/C eine Voraussetzung, damit Mädchen heiraten können. EFM folgt häufig auf FGM/C.
  • Beide Praktiken haben dieselben Hintergründe: Geschlechterungleichheit, patriarchale Normen, Bildungsmangel und Armut erhöhen das Risiko von FGM/C und EFM.
  • Gesellschaftlicher Druck ist in beiden Fällen eine treibende Kraft, zumal FGM/C und EFM vermeintlich Sicherheit, Respektabilität und sozialen Status bieten.

Fachkräfte­schulungen und Sensibilisierung

TDF ist es ein Anliegen, mit der Präventions- und Aufklärungsarbeit zum Thema FGM/C auch Fachkräfte zu erreichen. Etliche Fachkräfte sind in der täglichen Arbeit mit dem Thema FGM/C konfrontiert. Ihr Wissen und Handeln sind entscheidend, wenn es um Verdachtsfälle und benötigten Schutz geht.

Sowohl die Community TrainerInnen als auch die TDF-Fachreferentin für das Thema FGM/C führen regelmäßig Schulungen für Fachkräfte durch. Im Jahr 2024 nahmen 424 Fachkräfte an insgesamt 21 Fachkräfteschulungen teil. Im Vordergrund der Schulungen stehen die FGM/C-Prävention und die Sensibilisierung für den Umgang mit Gefährdeten und Betroffenen von FGM/C. Durch ein interaktives Format können TeilnehmerInnen dabei (neu erworbenes) Wissen zu Interventions- und Präventionsmaßnahmen gegen FGM/C z.B. anhand von Rollenspielen überprüfen und verfestigen.

An welche Fachkräfte richten sich die Schulungen? Die folgende Mind-Map zeigt die Bandbreite der Bereiche, aus denen die TeilnehmerInnen kommen. Grundsätzlich ist das Angebot jedoch für alle Personen offen, die ihr Wissen zum Thema FGM/C erweitern möchten.

Wer nimmt an den Fachkräfteschulungen teil?

Wie groß ist das Interesse daran?

Eindrücke aus den Schulungen

Was haben TeilnehmerInnen positiv bewertet?

„Die interkulturelle Komponente, die in Beratungen niemals außer Acht gelassen werden darf. Gerade in der Arbeit mit Frauen, die von FGM/C betroffen sind, bedarf es besonderen Gespürs.“

[Ich habe gelernt], „dass das Thema FGM/C sehr vielschichtig ist und sich die Folgen nicht nur auf den Körper beschränken, sondern Betroffene auf allen Ebenen leiden. – [so]dass es viel Sensibilität und Empathie benötigt.“

„Der Facettenreichtum. Es wurden viele Bereiche in kurzer Zeit beleuchtet und es war möglich einen sehr guten Einblick in das Thema zu bekommen.“

Büchertisch-Aktion

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Veranstaltungsreihen

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Politische und Öffentlichkeitsarbeit

© Red Dot GmbH & Co. KG

TW: Dieses Video enthält Schilderungen von Genitalverstümmelungen

Laute(r) Frauenpower gegen FGM/C

Wenn wir heute nichts tun, leben wir morgen wie vorgestern. (Annemirl Baur)

Im stillen Kämmerlein und allein auf weiter Flur könnten wir nicht viel ausrichten.

Deshalb macht TDF Lärm, haut auf die Pauke und trommelt Alle zusammen! Mit Kampagnen, Aktionen, Protesten, Petitionen, Publikationen und vielem mehr machen wir darauf aufmerksam, dass FGM/C eine schwere Menschenrechtsverletzung ist, der niemand ausgesetzt sein sollte! Wir schaffen Bewusstsein dafür, wie FGM/C verhindert und beendet werden kann, und unterstützen Fachkräfte beim Umgang mit Betroffenen von FGM/C.

Klickt auf die Trommel-Aufschriften, lasst euch inspirieren und macht zusammen mit uns Furore! Wir freuen uns über eure Ideen und Unterstützung – von jeder und jedem!

Illustration: Cora Hein

Ehrenamtliches Engagement bei TDF

Eine Vielzahl hochmotivierter Mitfrauen von TDF setzt sich unermüdlich und mit viel Herzblut dafür ein, über FGM/C aufzuklären und Mädchen und Frauen vor der schädlichen Praktik zu schützen. Ob als Mitglied einer Städtegruppe, Arbeitsgruppe oder als Jugendbotschafterin – die Möglichkeiten, sich bei TDF gegen FGM/C zu engagieren, sind vielfältig!

Jugendbotschafterinnen

Das Jugendbotschafterinnen-Programm von TDF bietet jungen Frauen die Möglichkeit, sich aktiv für Frauenrechte und gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen. Die „Jubos“ betreiben Öffentlichkeitsarbeit und organisieren, mit Unterstützung von TDF, eigene feministische Projekte, um so auf die Kernthemen des Vereins aufmerksam zu machen. In Workshops erlangen sie neues Wissen und Kompetenzen, tauschen sich untereinander aus und profitieren nicht zuletzt von dem großen Netzwerk, das ihnen TDF für die Umsetzung ihrer frauenrechtlichen Arbeit zur Seite stellt.

Auch FGM/C ist eines der Kernthemen, zu dem bereits viele tolle Jubo-Projekte organisiert wurden! Hier stellen wir euch beispielhaft die Arbeit von zwei engagierten Jugendbotschafterinnen vor:

Sanata Doumbia-Milkereit klärte mit mehreren öffentlichkeitswirksamen Live-Talks auf Instagram über die Menschenrechtsverletzung FGM/C auf.

Vanessa Lilie sammelte über ein selbst organisiertes Yoga-Event dringend benötigte Spenden für die TDF-Partnerorganisation in Burkina Faso, die dort bereits seit vielen Jahren gegen FGM/C kämpft.

Jugendbotschafterinnen inspirieren!

Denn durch ihr Engagement werden die Jubos selbst zu Vorbildern. Ihr Einsatz zeigt, dass junge Menschen eine starke Stimme gegen Diskriminierung sind und dass es möglich ist, gesellschaftliche Normen zu hinterfragen und zu ändern.

Vielleicht habt ihr ja selbst Interesse oder kennt junge Frauen in eurem Umfeld, die sich als Jugendbotschafterinnen bewerben möchten? Dann findet ihr hier weitere Infos und Ansprechpersonen.

AG Weibliche Genitalverstümmelung und Gewalt im Namen der Ehre

Auch die Arbeit der insgesamt vier ehrenamtlichen Arbeitsgruppen ist für TDF sehr wichtig: die darin engagierten Mitfrauen beschäftigen sich intensiv mit ihren jeweiligen Kernthemen und unterstützen die inhaltliche Arbeit des Vereins durch ihre wertvolle Expertise. Eine dieser Arbeitsgruppen ist die AG Weibliche Genitalverstümmelung und Gewalt im Namen der Ehre, die sich in der Regel zweimal im Jahr zum inhaltlichen Austausch trifft und gemeinsam Ideen zur Bekämpfung dieser Gewaltformen entwickelt.

In den folgenden Aufnahmen erzählen euch die aktuelle AG-Koordinatorin Antonia Ebert sowie die frühere langjährige Koordinatorin Gislinde Nauy mehr über ihr Engagement in der AG:

Frage 1: Was hat dich persönlich dazu bewegt, dich gegen FGM/C einzusetzen und Koordinatorin der AG Weibliche Genitalverstümmelung und Gewalt im Namen der Ehre zu werden?

Frage 2: Wie arbeitet eure AG zu FGM/C und gab es für dich ein bestimmtes Erfolgserlebnis oder einen Moment, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Städtegruppen

Die TDF-Städtegruppen tragen die Anliegen des Vereins in ihre Heimatregionen und erreichen mit ihrem ehrenamtlichen Engagement eine Vielzahl von Menschen vor Ort. Mehrere Städtegruppen haben sich auch auf das Thema FGM/C fokussiert und dazu immer wieder erfolgreiche Aktionen auf die Beine gestellt! Im Folgenden möchten wir euch beispielhaft die wichtigen Beiträge von drei Städtegruppen vorstellen:

SG Herford:

Die Städtegruppe Herford betreibt seit 2019 intensive Aufklärungs- und Vernetzungsarbeit im Kampf gegen FGM/C im Kreis Herford und der umliegenden Region Ostwestfalen-Lippe. Erste Austauschgespräche verdeutlichten damals einerseits die Präsenz von FGM/C in der Region, andererseits das klare Fehlen von fachlicher Unterstützung und Vernetzung. In den folgenden Jahren organisierte die Städtegruppe deshalb in Kooperation mit der Volkshochschule Herford, der Kölner Beratungsstelle YUNA und der TDF-Geschäftsstelle mehrere Tagungen, in denen Fachkräfte unterschiedlichster TrägerInnen miteinander bekannt gemacht und im Umgang mit FGM/C geschult wurden. So wurde ein Netzwerk begründet, das in Herford und Umgebung vorhandenes Engagement gegen FGM/C stärkt und sichtbar macht sowie die gegenseitige Unterstützung erleichtert.

Auch durch regelmäßige Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Vorträge und die Mitwirkung an Austauschformaten wie Runden Tischen trug die Städtegruppe Herford erheblich zur regionalen Sensibilisierung gegenüber FGM/C bei. Ein bedeutender Meilenstein konnte 2023 erreicht werden, als das vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte und bis dato nur in Köln ansässige YUNA-Projekt um eine hauptamtliche Beratungsstelle in Herford erweitert wurde.

SG Heidelberg-Mannheim:

Die Städtegruppe Heidelberg-Mannheim wurde 2013 gegründet und setzt sich seitdem aktiv gegen FGM/C ein. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Aufklärung und Sensibilisierung verschiedener Zielgruppen in der Region. So hielt die Gruppe unter anderem Vorträge für Mitarbeitende rheinland-pfälzischer Frauenhäuser oder für SozialarbeiterInnen in der Landeserstaufnahmestelle für Geflüchtete in Heidelberg, um die jeweiligen Fachkräfte über FGM/C und mögliche Unterstützungsangebote zu informieren und besser auf den angemessenen Umgang mit Betroffenen vorzubereiten. Auch ein Schulworkshop an einem Gymnasium in Ludwigshafen, mit dem Ziel, junge Menschen frühzeitig für das Thema FGM/C zu sensibilisieren, zählte zu den Aktivitäten der Städtegruppe.

SG München:

Als Teil des „Münchner Netzwerks gegen FGM/C“ organisiert die Städtegruppe München regelmäßig gut besuchte Bildungsevents zum Thema weibliche Genitalverstümmelung. Bei der Ende 2023 ausgerichteten Veranstaltung „Gemeinsam stark gegen weibliche Beschneidung! Erfolgreiche Ansätze der Community Arbeit in der FGM/C Prävention“ gehörte zu den zahlreichen RednerInnen unter anderem Rakieta Poyga, die Leiterin der TDF-Partnerorganisation Bangr Nooma in Burkina Faso.

Darüber hinaus hat die Gruppe sowohl auf bayerischer als auch auf kommunaler Ebene umfassende Lobbyarbeit betrieben und so beispielsweise dazu beigetragen, dass in München im Jahr 2016 endlich eine Beratungsstelle für von FGM/C betroffene Frauen und Mädchen eingerichtet wurde.

Testet euer Wissen zu FGM/C in Deutschland!

1. Welcher Paragraph im Strafgesetzbuch verbietet FGM/C als eigener Straftatbestand?
2. Wann startete das gegen FGM/C gerichtete EU-Projekt „Join our CHAIN“ von TDF?
3. An welchem Tag ruft TERRE DES FEMMES zur Büchertisch-Aktion zur Aufklärung über FGM/C auf?

Eigenes Engagement

FGM/C betrifft Millionen von Mädchen und Frauen weltweit. FGM/C zu beenden, können wir nur gemeinsam schaffen. Veränderung beginnt hier und heute – mit uns!

Doch wie? Was kann jede/r Einzelne bewegen?

Schreibt eure Ideen für Engagement gegen FGM/C auf und wir veröffentlichen sie auf der Pinnwand unten!

Verfasse ein Post-it mit deiner Idee!*

*  Wir behalten uns das Recht vor, rassistische Kommentare, Hasskommentare und andere unangemessene Äußerungen nicht zu veröffentlichen.

Ihr braucht Inspiration? Hier ein paar Vorschläge von TDF:
1. Social Media Kampagnen für Wissensverbreitung!

Nutzt eure Netzwerke für Aufklärungsarbeit zum Thema FGM/C. Schreibt z.B. einen Post auf Instagram, TikTok und Co. Verweist auf unsere Ausstellung und tragt dazu bei, dass sich mehr Menschen Wissen über Schutzkonzepte gegen FGM/C aneignen!

2. Aufklärung durch Schulprojekte!

FGM/C ist bei euch an der Schule kein Thema? Sprecht eure LehrerInnen, z.B. aus den Unterrichtsfächern Ethik, Soziologie oder Politik, an und fordert sie dazu auf, das Thema im Unterricht aufzugreifen. Infomaterial und ggf. Unterstützung könnt ihr bei TDF erfragen.

3. Forderungen brauchen Sichtbarkeit!

Durch politische Kampagnen, die Organisation von Demos oder die Verbreitung von Petitionen, z.B. für einen Ausbau von spezialisierten Beratungsangeboten für Gefährdete und Betroffene, könnt ihr einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen FGM/C leisten.

4. Sensibilisierung und Hilfsangebote brauchen Spenden!

TDF und viele andere Organisationen und Hilfsstellen sind gemeinnützige Vereine und daher auf Spenden angewiesen, um ihre Arbeit im Kampf gegen FGM/C fortzuführen. Durch Spendenaktionen könnt ihr dazu beitragen, dass Fachwissen weiterverbreitet werden kann und Hilfsangebote bestehen bleiben. Spendenaktionen können z.B. ein Benefizlauf, -flohmarkt oder -theaterabend sein – es gibt tausend Möglichkeiten!

5. Gemeinsam stark gegen FGM/C!

Macht euch mit uns für ein Ende von FGM/C stark, indem ihr euch ehrenamtlich, z.B. in einer der TDF-Städtegruppen, -Arbeitsgruppen oder als Jugendbotschafterin engagiert. Es gibt unzählige Möglichkeiten!

FGM/C is a human rights violation that concerns us all, regardless of gender or ethnicity. Taking action can begin with something as simple as reading or talking about the issue or sharing a post on social media. The more people are aware of its serious harms, the better we can prevent it!
Felix
FGM/C ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und betrifft weltweit Millionen Mädchen und Frauen. Ich habe entschieden, meine Stimme auf sozialen Medien zu nutzen. Ich möchte das Schutzhausprojekt vorstellen, dazu einladen, dies zu teilen und zu unterstützen. Gemeinsam können wir etwas bewegen!
Joana
Ich glaube, dass es unglaublich schwierig ist, komplett allein aktiv zu werden. Deswegen ist der erste Schritt, sich andere Menschen, schon bestehende Gruppen oder Organisationen zu suchen, die in diesem Thema aktiv werden möchten oder dies schon sind. Gemeinsame Arbeit funktioniert immer am besten!
Sophie
Solidarität und Zusammenhalt zwischen Frauen fängt für mich im Kleinen an. Dazu gehört auch, solche Themen im eigenen Umfeld anzusprechen und dann Unterstützung und Empathie zu zeigen, wenn es zählt. Manchmal macht es schon einen Unterschied, offen und feinfühlig über Genitalgesundheit zu sprechen.
Sina

Kontakt

Wie hat euch die Ausstellung gefallen? Habt ihr noch Fragen oder möchtet ihr uns gerne Feedback geben? Wir freuen uns, wenn ihr über das Kontaktformular eine Nachricht hinterlasst!





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